3. Rechtsstellung des Dritten
3.2. Verfahrensrechte des Dritten
In Art. 115 EPÜ Satz 2 EPÜ ist ausdrücklich festgelegt, dass ein Dritter nicht Verfahrensbeteiligter wird. Grundsätzlich stehen dem Dritten aufgrund seiner Stellung keine Verfahrensrechte eines am Verfahren Beteiligten zu, wie insbesondere das Recht zur Beschwerde und den Anspruch auf rechtliches Gehör (T 1756/11; G 2/19, ABl. 2020, A87; s. auch T 1196/08 mit Verweis auf G 4/88, Nr. 2 der Gründe). In T 831/17 vom 21. Oktober 2019 date: 2019-10-21 führte die Kammer aus, dass der Konventionsgeber sich entschieden hat, nur Verfahrensbeteiligten, nicht aber den Verfassern von Einwendungen Dritter (T 660/19), ein Beschwerderecht zu geben. In G 2/19 wurde ausgeführt, dass ein Dritter nicht dadurch zum Verfahrensbeteiligten wird, dass seine Hinweise im Verfahren berücksichtigt werden. Zudem geht mit der fehlenden Verfahrensbeteiligung des Dritten einher, dass er durch die im jeweiligen Verfahren ergangene Entscheidung im Rechtssinne nicht beschwert ist. Das entspricht Sinn und Zweck von Art. 115 EPÜ Satz 1 EPÜ.
In T 951/91 (ABl. 1995, 202) befand die Kammer, dass bei Auslegung der Formulierung "am Verfahren nicht beteiligt" in Art. 115 EPÜ 1973 im Lichte des Zieles und Zweckes dieses Artikels klar werde, dass dieser ausschließlich der Einschränkung, nicht aber der Ausweitung der Rechte Dritter und schon gar nicht der Ausweitung ihrer Rechte über die Rechte der an Verfahren vor dem EPA Beteiligten hinaus dienen solle (s. auch T 1756/11, T 1528/13, T 2255/15, T 1574/17 und T 1779/17).
Nach T 390/07 liegt es vollständig im Ermessen der Kammer, Einwendungen Dritter zuzulassen, da Dritte im Sinne des Art. 115 EPÜ keine Verfahrensbeteiligten sind und ihnen somit lediglich die Gelegenheit gegeben wird, "Einwendungen zu erheben". Zwar können Einwendungen Dritter nach der ständigen Rechtsprechung sowohl in der ersten Instanz als auch in der Beschwerde geprüft werden, eine darüber hinausgehende Verpflichtung für die Kammer besteht jedoch nicht, und Dritte haben keinen Anspruch darauf, in der Frage gehört zu werden, ob ihre Einwendungen oder die zur Stützung beigebrachten Beweise zulässig sind. Was die tatsächlichen Verfahrensbeteiligten betrifft, so haben diese das Recht, zu Einwendungen gehört zu werden. Über die Zulässigkeit von Einwendungen Dritter hat allein die Kammer zu befinden.
In T 283/02 hatte die Einspruchsabteilung die Einwendungen Dritter dem Patentinhaber ordnungsgemäß übermittelt, der keine Bemerkungen dazu machte. Dass die Einspruchsabteilung diese Einwendungen in ihrer Entscheidung nicht erwähnte, stellte keinen Verfahrensmangel dar, obwohl eine Erwähnung wünschenswert gewesen wäre. In T 1756/11 vertrat die Kammer die Auffassung, dass Einspruchsabteilungen sich zur Relevanz der Einwendungen von Dritten zumindest äußern sollten, z. B. in der Ladung zur mündlichen Verhandlung (s. auch T 972/22).