Wegbereiter der digitalen Revolution - Entwickler der Codierung für CD, DVD und Blu-ray Disc als Finalist für den Europäischen Erfinderpreis nominiert
- Niederländischer Elektroingenieur erfand die Codierung für CDs
- EFM-Verfahren ermöglichte den Sprung von der Schallplatte zur CD
- Drei Generationen Compact Discs eroberten Haushalte und Unternehmen
- Mehr als tausend Patente gehen auf Kornelis Schouhamer Immink zurück
- EPA-Präsident Benoît Battistelli: „Die Erfindung des EFM-Verfahrens leistete einen Schlüsselbeitrag zur digitalen Revolution"
München/ Rotterdam, 21. April 2015 - Er hatte den Auftrag, große Datenmengen auf einer kleinen Scheibe zu speichern - und leitete damit die digitale Revolution ein. Kornelis „Kees" Schouhamer Immink gilt als der Vater von CD, DVD und der Blu-ray Disc, für die er den bis heute geltenden Codierungsstandard entwickelt hat. Kaum eine andere Erfindung und ihre Nachfolger haben die Hör- und Seh-Gewohnheiten der Menschen so nachdrücklich beeinflusst wie die Compact Disc. Der technologische Quantensprung von der analogen Schallplatte zur CD ermöglichte es nicht nur, deutlich größere Datenmengen auf kleineren Trägern zu speichern. Er eröffnete auch eine völlig neue Welt in Bezug auf Klangqualität, Haltbarkeit und Benutzerfreundlichkeit. Imminks Erfindung prägte drei Generationen von Compact Discs, von der ersten CD im Jahr 1982 bis zur Blu-ray Disc im Jahr 2006. Insgesamt gehen auf den heute 68-Jährigen aus Rotterdam über tausend Patente auf diesem Gebiet zurück.
Für seine Leistung hat das Europäische Patentamt (EPA) ihn als Finalisten für den Europäischen Erfinderpreis 2015 in der Kategorie „Lebenswerk"nominiert. Am 11. Juni 2015 wird die begehrte Auszeichnung im Rahmen eines Festakts in Paris zum zehnten Mal verliehen.
„Die Entwicklung des Codierungsverfahrens für CD, DVD und Blu-ray ist ein Meilenstein auf dem Weg zur Digitalisierung", sagt EPA-Präsident Benoît Battistelli bei der Bekanntgabe der Finalisten für den Europäischen Erfinderpreis 2015. „Selten hat eine Erfindung sowohl die Wirtschaft als auch die Privathaushalte derart im Sturm erobert. Immink hat mit seinem Verfahren den Umgang mit Daten nachhaltig verändert und das digitale Zeitalter eingeläutet."
Der Weg von der analogen zur digitalen Schallplatte
Nach seinem Studienabschluss in Elektrotechnik an der Technischen Hochschule in Rotterdam begann Kornelis Schouhamer Immink seine Karriere 1967 in der Forschungsabteilung des Technologiekonzerns Philips, die bereits damals einen exzellenten Ruf genoss. Philips experimentierte zu dieser Zeit mit der neuen Technologie für Laserdiscs, die 1966 von dem Amerikaner James T. Russel patentiert worden war. Die erste Anwendung dieser Technologie in Form einer Videodisc in Schallplattengröße erwies sich jedoch als kommerzieller Misserfolg. Im Jahr 1974 arbeitete Immink mit seinem Team daran, dasselbe Prinzip auf eine kleinere, digitale Alternative zur Schallplatte zu übertragen. Die größte Herausforderung lag dabei in der Codierung. Bei der neuen Technologie tauschte man die Nadel eines Plattenspielers durch einen Laser aus. Die Folge: Die vormals mechanischen Schwingungen mussten nun durch einen binären Code ausgedrückt werden. Die Oberfläche der CD wird dabei von einem Laser abgetastet, der zwischen winzigen Erhebungen und einer ebenen Fläche unterscheidet - was im binären System als Null und Eins gelesen wird. Die Codes konnten zu dieser Zeit nur schwer ausgelesen werden und waren äußerst anfällig für Staub, Fingerabdrücke und Kratzer auf der Oberfläche.
Das EFM-Verfahren bringt den Durchbruch
Immink löste diese Probleme, indem er ein neues Codierungssystem, das sogenannte EFM-Verfahren (Eight-to-Fourteenth Modulation), entwickelte. Beim EFM-Verfahren werden jeweils 8 Bit in ein Bitmuster mit 14 Bit umgesetzt. Das Verfahren unterteilte den binären Code in kürzere Abschnitte, wodurch man ihn leichter und fehlerfreier auslesen konnte. Zusätzlich integrierte Immink eine Steuerkomponente (Digital Sum Value), damit das Lesegerät immer genau erkennt, an welcher Stelle es sich gerade befindet. So ist eine zuverlässige Wiedergabe gewährleistet und der Hörer kann zwischen verschiedenen Songtiteln auf der CD springen - was weder bei der Schallplatte noch bei der Kassette möglich war.
Die Codierung für DVD und Blu-ray basiert auf demselben Prinzip: "Der Code übersetzt das akustische Signal in elektronische Signale in einem digitalen Umfeld, das leicht auf einer Kunststoffscheibe gespeichert werden kann. Das funktioniert wie bei der Übersetzung von einer Sprache in die andere", erläutert der Erfinder den Vorgang. Späteren erweiterte Immink sein Verfahren zu EFM Plus, das Audio und Video in hoher Qualität wiedergeben kann. Der niederländische Erfinder war auch an der Entwicklung der dritten Generation der Compact Discs, der Blu-ray Disc, maßgeblich beteiligt. Der Fortschritt liegt hier in der Verwendung eines blauen, stärker konzentrierten Lasers, der geringere Abstände auf der Oberfläche einer Disc auslesen kann, was wiederum die Qualität der Wiedergabe und Speicherkapazität der Discs steigerte.
Immink war darüber hinaus einer der Ersten, der das Potenzial von CD und DVD als Speichermedium für Daten abseits von Musik und Film erkannte - bereits 1984 forschte er an der wiederbeschreibbaren CD. In den Neunzigern entwickelten sich CDs und DVDs schließlich zu den wichtigsten Datenträgern im privaten und gewerblichen Gebrauch.
Beethovens Neunte als Maßstab für die CD?
Philips war nicht die einzige Firma die an der neuen Technologie arbeitete, auch der japanische Elektronikkonzern Sony engagierte sich auf diesem Gebiet. 1979 beschlossen die beiden Wettbewerber, mit einem gemeinsamen Projekt einen neuen Standard für Compact Discs zu entwickeln. Immink war Teil des Entwicklungsteams und setzte sich mit seinem EFM-Verfahren gegen die konkurrierenden Ansätze durch. Auf diese Zeit geht auch der Mythos zurück, die CD habe 74 Minuten Spielzeit, da eine Aufnahme von Beethovens Neunter, dirigiert von Wilhelm Furtwängler, genau diese Zeitspanne umfasse - und das Lieblingsmusikstück der Ehefrau des damaligen Präsidenten von Sony gewesen sein soll. Immink selbst zieht eine pragmatischere Erklärung für die 74 Minuten Spielzeit in Betracht: Da Philips zu dieser Zeit bereits eine Fabrik in Hannover besaß, die CDs mit einer Laufzeit von rund 60 Minuten herstellen konnte, wollte Sony seinem Konkurrenten diesen Vorteil streitig machen.
Der Siegeszug von CD, DVD und Blu-ray
Als die CD 1982 auf den Markt kam, ahnte Immink nicht, dass seine Erfindung ein derartiger kommerzieller Erfolg werden würde. Als die Preise für CD- Spieler fielen und die CD von der Popmusik entdeckt wurde, schossen die Verkaufszahlen in die Höhe. „Brothers in Arms" der britischen Band Dire Straits war 1985 das erste Album, das über eine Million Mal verkauft wurde. Seitdem wanderten hunderte Milliarden CDs über den Ladentisch, wobei der Höhepunkt im Jahr 2000 mit rund 2,45 Milliarden verkauften Exemplaren erreicht wurde. Obwohl die Verkaufszahlen seit 2008 rückgängig sind, wurden 2012 immer noch 4,7 Milliarden Euro mit CDs umgesetzt.
Der nächste logische Schritt in der Digitalisierung nach dem Erfolg der CD war die Weiterentwicklung der VHS Kassette zur DVD. Als diese Disk1995 schließlich zum Standard der Filmindustrie wurde und dieser Milliardengewinne einbrachte, arbeitete Immink längst an der dritten Generation seiner Erfindung: der Blu-ray Disc. Diese generierte im Jahr 2013 trotz bereits verbreiteter Online-Angebote Umsätze in Höhe von 20 Milliarden Euro.
Vom Angestellten zum Unternehmer
Als der Erfolg der Blu-ray Disc eintrat, hatte Immink bereits seine eigene Firma Turing Machines Inc. gegründet. Er wurde mit zahlreichen Auszeichnungen für seine Arbeit geehrt und erhielt unter anderem 1999 die Edison Medal von IEEE. Im Jahr 2000 wurde er von der Königin der Niederlande zum Ritter des Ordens von Oranje-Nassau geschlagen. Selbst die amerikanische Filmindustrie zollte dem niederländischen Erfinder ihren Respekt: 2003 wurde er von der National Academy of Television Arts and Sciences (NATAS) in New York mit einem der begehrten Emmy Awards ausgezeichnet.
Additional resources
- Über den Erfinder
- Der Blick auf die Patente: EP1000467, EP0702827
- Zehn Jahre Europäischer Erfinderpreis: Eine Zeitreise zu Erfindern und Ideen, die unser Leben veränderten.
- Über das Europäische Patentamt (EPA)
- Studie belegt: Jeder dritte Job in Europa entsteht in IP-intensiven Branchen
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