Hirndruckmessung mit Ultraschall: Arminas Ragauskas als Finalist für Europäischen Erfinderpreis 2016 nominiert
- Der litauische Forscher Arminas Ragauskas erfindet eine nicht-invasive Messung des Hirndrucks
- Ultraschall-Scan-Geräte ermöglichen das Messen absoluter Hirndruckwerte
- Revolution in der neurologischen Diagnostik: Risikofreie und schnelle Messung dank Ultraschall-Doppler-Verfahren an der Augenarterie
- EPA-Präsident Battistelli: „Die von Arminas Ragauskas erfundenen Scan-Geräte ermöglichen Ärzten, rechtzeitig lebensrettende Behandlungen einzuleiten"
München, 26. April 2016 - Das Schädel-Hirn-Trauma ist in Europa die häufigste Ursache für Tod und Behinderung bei jungen Erwachsenen. Häufig wird es durch einen Verkehrsunfall, einen Schlag, einen Sturz oder einen Aufprall beim Sport, aber auch während der Arbeit ausgelöst. Dies kann zu einem Schädelbruch, einer Hirnschwellung sowie zu Blutungen im Gehirn führen. Eine schnelle Diagnose von Schädel-Hirn-Verletzungen ist daher der Schlüssel, um rechtzeitig die nötige medizinische Behandlung einzuleiten. Da sich der Hirndruck von außen nicht messen lässt, musste der Schädel bisher geöffnet werden, um eine Sonde zu implantieren. Eine Methode, die nicht nur aufwändig, sondern auch mit Risiken verbunden ist.
Nach jahrelanger Forschung hat der Litauer Arminas Ragauskas (69) eine auf Doppler-Wellenlängen basierende Technologie entwickelt, die den Hirndruck mittels Augen-Scan bestimmt. Die Ultraschallscanner bieten präzise Messungen und erfordern keine patientenspezifische Kalibrierung, daher sind sie auch für ambulante Behandlungssituationen geeignet. Auf diese Weise können Neurochirurgen die Vorgänge im Gehirn beobachten, ohne invasiv vorgehen zu müssen. Dieses Verfahren reduziert das Risiko für den Patienten massiv und rettet Leben, da die Ursache für steigenden Hirndruck sofort behandelt werden kann. Die Geräte erkennen beispielsweise Schlaganfälle, Grünen Star und Gehirntumore.
Für diese Leistung wurde Armin Ragauskas für den Europäischen Erfinderpreis 2016 als Finalist in der Kategorie „Kleine und mittlere Unternehmen" nominiert. Die begehrte Auszeichnung wird am 9. Juni in Lissabon vom Europäischen Patentamt (EPA) zum elften Mal verliehen.
„Die von Arminas Ragauskas erfundenen Scan-Geräte bieten
eine schnelle und genaue Messung des Hirndruckniveaus, so dass Ärzte
lebensrettende Behandlungen rechtzeitig einleiten können. Dies war bisher nicht
möglich", sagte EPA-Präsident Benoît Battistelli bei der Bekanntgabe der
Finalisten für den Europäischen Erfinderpreis 2016. „Die Scanner nutzen die
Wellenlänge des Doppler-Effekts. Das ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie
auf Basis eines grundlegenden physikalischen Phänomens eine technisch
ausgereifte, patentierbare Erfindung entstehen kann."
Augenarterie als natürlicher Sensor für absolute Hirndruckwerte
Ähnlich wie bei der Blutdruckmessung wird bei Ragauskas‘ Verfahren mit Druck von außen gearbeitet. Durch den sogenannten Doppler-Effekt kann gemessen werden, wann der Hirndruck und der äußere Druck identisch sind - ganz ohne Kalibrierung des Systems. Dem Patienten wird zur Messung eine Art Taucherbrille aufgesetzt, über die ein leichter Luftdruck auf das Auge abgegeben wird. Zwei Ultraschall-Sonden messen über das Dopplerverfahren gleichzeitig die Fließgeschwindigkeiten des Bluts in der Augenarterie - einmal im Auge und einmal im Gehirn. Auf dem Ultraschallbild sind unterschiedliche Geschwindigkeiten zu erkennen. Der Druck von außen wird in der Brille so weit erhöht, bis die beiden Kurven auf dem Ultraschallbild identisch sind. Dann fließt das Blut in beiden Abschnitten der Arterie gleich schnell. Da der äußere Druck bekannt ist, kann auch der Druck im Innern des Schädels präzise bestimmt werden.
Verlust der Mutter als Triebfeder für die Forschung
Arminas Ragauskas hat nach seinem Abschluss in Elektrotechnik an der technischen Universität Kaunas im Studienfach Messtechnik promoviert. Als Ragauskas‘ Mutter mit einem Hirnschlag auf die Intensivstation eingeliefert werden musste, war der Litauer von der mangelhaften technischen Ausrüstung des Krankenhauses schockiert. Und als seine Mutter dort auch verstarb, wusste der Ingenieur, dass er den Forschungsstand medizinischer Geräte vorantreiben wollte. Er begann im Jahr 1993 an einer schonenden Methode zu forschen, um den Druck im Schädel zu bestimmen. Gemeinsam mit seinem Team am Health Telematics Science Center der Universität Kaunas entwickelte Ragauskas die revolutionäre Ultraschallscanner-Technologie: „Unser Labor verfügt über patentierte Apparate für verschiedene Anwendungen, einzigartige und sehr sensible Ultraschallgeräte, und so war es für uns möglich, auch über medizinische Anwendungen nachzudenken", so der litauische Forscher.
Die Patente verhalfen Ragauskas zu Fördergeldern, die er im Jahr 2013 für die Gründung des Spin-off-Unternehmens Vittamed einsetzte, um seine Technologie auf den Markt zu bringen. Er initiierte und begleitete verschiedene klinische Studien und koordiniert zurzeit in Litauen das europäische Forschungsprojekt CenterTBI im Rahmen des Forschungsrahmenprogramms FP7 mit über 216 Beteiligten in der ganzen Europäischen Union. Der Autor von 91 wissenschaftlichen Publikationen und über 90 erteilten beziehungsweise angemeldeten Patenten leitet noch heute das Health Telematics Science Center.
Innovation auch für Weltraum-Forschung interessant
Arminas Ragauskas‘ Methode ist für Neurologen eine kleine medizinische Revolution. Seit die beiden Neuromonitoring-Geräte im Jahr 2014 die CE-Kennzeichnung erhalten haben, betreibt Vittamed die Produkteinführung in Europa, Australien und weiteren Ländern. Zudem wurde als Grundlage für die Vermarktung in den Vereinigten Staaten ein Antrag bei der US Food and Drug Administration (FDA) eingereicht. Die Innovation des Litauers zur Messung des Hirndrucks wird zudem bereits in der Weltraumforschung eingesetzt, um Gründe für Sehstörungen bei Astronauten zu erforschen, die bei 60 Prozent der Betroffenen zu Blindheit führen können. Mit den Vittamed-Geräten sind hier weitere Untersuchungen möglich. Analysten schätzen, dass der globale Markt für Hirnüberwachung einschließlich Diagnosegeräte für Schädel-Hirn-Traumata, Schlaganfälle und Tumore von 6,6 Milliarden Euro im Jahr 2015 voraussichtlich auf 10,1 Milliarden Euro im Jahr 2020 ansteigen wird.
Weiterführendes Informationsmaterial
Der Blick auf die Patente:
EP1018942,
EP2111787
Die Patentierung von Medizinprodukten: Sondervorschriften im Europäischen Patentübereinkommen
Bei der Patentierung von medizinischen Geräten oder Methoden gelten besondere Vorschriften, um die Qualität und die Innovation hinter diesen Erfindungen zu schützen. Ragauskas‘ innovative Scanner haben alle Kriterien des Europäischen Patentübereinkommens erfüllt und werden nun als patentgeschützte Geräte vermarktet. Aber welche speziellen Anforderungen sind das genau, und welche Beispiele für erfolgreiche Erfindungen gibt es?
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