Ein implantierbares künstliches Herz für neue Lebensqualität: Alain Carpentier als Finalist für den Europäischen Erfinderpreis 2016 nominiert
- Alain Carpentier für bahnbrechende Erfindungen auf dem Gebiet der Medizintechnik in Kategorie Lebenswerk nominiert
- Französischer Kardiologe mit wegweisender Entwicklung des weltweit ersten autonomen, biokompatiblen und voll implantierbaren Kunstherzens („Carmat-Herz")
- Carmat-Herz könnte das Problem von Spende-Engpässen lösen
- EPA-Präsident Battistelli: „Carmat-Herz macht tausenden Herzpatienten Hoffnung auf eine Verbesserung ihrer Lebenssituation"
München, 26. April 2016 -- Die Nachricht, dass dem ersten Menschen weltweit ein vollständiges und autonomes Kunstherz eingepflanzt wurde, sorgte 2013 für einen Paukenschlag und macht Herzpatienten Hoffnung auf ein besseres Leben: Dieser medizinische Meilenstein ist untrennbar mit dem Namen Alain Carpentier verbunden. Der 82-jährige Kardiologe hat über zwei Jahrzehnte an der Entwicklung eines autonomen Kunstherzens geforscht. Gemeinsam mit Ärzten, Medizintechnikern und Raumfahrtingenieuren gelang Carpentier in dem von ihm gegründeten Unternehmen Carmat die Erfindung der ersten komplett implantierbaren Herz-Bioprothese („Carmat-Herz"). Der Franzose zählt mit über 20 Patentanmeldungen nicht nur zu den weltweit renommiertesten Kardiologen, sondern ist auch Erfinder von biologischen Herzklappen, die rund um den Globus zum Einsatz kommen. Für diese bahnbrechende Leistung wurde Alain Carpentier für den Europäischen Erfinderpreis 2016 als Finalist in der Kategorie Lebenswerk nominiert. Die begehrte Auszeichnung wird am 9. Juni in Lissabon vom Europäischen Patentamt (EPA) zum elften Mal verliehen.
„Wie keine Technologie zuvor bietet die Innovation Carpentiers die Aussicht auf einen dauerhaften Ersatz bei Herzinsuffizienz", sagte EPA-Präsident Benoît Battistelli bei der Bekanntgabe der Finalisten des Europäischen Erfinderpreises 2016. „Das Carmat-Herz ist eine herausragende Leistung auf dem Gebiet der Medizintechnik, die das Potenzial hat, das Leben tausender Herzpatienten weltweit zu verbessern."
Weltweit warten rund 100 000 Patienten auf eine Herztransplantation. Weil die Spendenbereitschaft sinkt, ist die Lage für Menschen mit Herzinsuffizienz im Endstadium dramatisch. Im Gegensatz zu den heute häufig verwendeten Herzunterstützungssystemen bietet ihnen die Carpentier'sche Herz-Bioprothese, welche bereits 1988 erstmals patentiert wurde, die Aussicht auf einen dauerhaften Ersatz bei Erhalt der vollen Lebensqualität. Dafür sorgt das herausragende Merkmal der technologischen Meisterleistung: ein natürlicher Herzschlag. Dieser wird mittels kleiner Motoren erzeugt, welche die Carmat-Pumpe in einem hydraulischen System mit Biomembranen antreiben. Den Druck und die Frequenz steuern wiederum Sensoren am Herzen, welche den Blutdruck ständig den körperlichen Anforderungen anpassen. Verändert sich die körperliche Belastung, etwa durch Treppensteigen, wirkt sich dies entsprechend auf die Pumpfrequenz des Herzens aus. Die Stromversorgung wird über am Körper getragene Lithium-Batterien sichergestellt.
Ungeachtet seiner medizinischen Objektivität hatte Carpentier immer ein Faible für das menschliche Herz. „Jeder weiß, dass das Herz auf Emotionen reagiert", sagt der Erfinder. „In dieser Hinsicht ist es eines unserer wertvollsten Organe."
Tragisches Ereignis prägt Innovationsgeist
Der Einsatz von biokompatiblem Material bei der Entwicklung des Carmat-Herzens baut auf einer wegweisenden Erfindung des Franzosen auf: Carpentier war weltweit der erste Mediziner, der auf Herzklappen aus biologischem Material setzte und so das Risiko von Blutgerinnseln reduzierte. Die Idee dazu kam ihm durch ein tragisches Erlebnis, als er in den frühen Jahren seiner Karriere als Herzchirurg in Paris tätig war. Damals erlitt ein Patient kurz nach einer Herzklappen-Transplantation einen schweren Gehirnschlag. Ursache war ein Gerinnsel, das sich an der Oberfläche der künstlichen Herzklappe gebildet hatte. Dies war seinerzeit kein Einzelfall, weil Transplantate aus nicht organischem Material regelmäßig Verklumpungen verursachten.
Ein Erfinderleben im Dienste der Herzforschung
Als Carpentier vor über einem Vierteljahrhundert mit seinen Forschungen für ein Kunstherz begann, war er bereits nach erfolgreicher Promotion in Medizin (1966) und Chemie (1975) als Professor tätig und leitete die Abteilung für kardiovaskuläre Chirurgie und Organtransplantation am Hôpital Broussais in Paris. Er forschte zunächst unter dem Dach des Matra-Konzerns, bevor er für die Vermarktung des Geräts im Jahr 2008 Carmat als Spin-Off des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS (heute Airbus Group) gründete. 2010 ging das Unternehmen an die Börse und verfügt über eine Marktkapitalisierung von über 160 Millionen Euro (Stand per 21. April 2016).
Neben der Erfindung des Carmat-Herzens setzte Carpentier auch Maßstäbe in der rekonstruktiven Herzklappenchirurgie: Sein 1983 veröffentlichtes Meilensteinpapier „The French Correction" und die Entwicklung einer Reihe von wegweisenden Techniken in der plastischen und rekonstruktiven Herzchirurgie hat die Behandlungsmethoden von Herzklappenfehlern entscheidend geprägt. In den USA werden fast drei Viertel der 50 000 Patienten, die sich eines Eingriffs zur Behebung von defekten Herzklappen unterziehen, mit Techniken aus Carpentiers Forschung therapiert. Damit ist er einer der erfolgreichsten Forscher in der Herzklappenchirurgie, deren globales Marktvolumen sich Schätzungen zufolge auf rund 1,5 Milliarden Euro beläuft.
Weiterführendes Informationsmaterial
Erfahren Sie mehr über den Erfinder
Der Blick auf die Patente: EP1867351B1, EP1867350B1, EP1855005B1
High-Tech im Operationssaal: Die Zukunft der Medizin liegt in patentierten Technologien
Innovationen auf dem Gebiet der Medizin wie Carpentiers Kunstherz verändern das Leben von Millionen Menschen in der ganzen Welt. Neben Carpentier wurde in der Vergangenheit bereits ein niederländisches Erfinderteam als Kardiologen für ihre Innovation von dynamischen Herzschrittmachern für den Europäischen Erfinderpreis nominiert. Und mit der Gruppe der Medizinspezialisten, deren Erfindungen unser Leben nachhaltig verändern, verbindet sich ein großes Renommee: In diesem Jahr ist neben Carpentier der Franzose Alim-Louis Benabid für seine neuartige Behandlung von Parkinson-Patienten für den Europäischen Erfinderpreis nominiert. Lesen Sie mehr über patentierte Medizintechnologien.
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