Schöner Lächeln mit Nanomaterialien: Sumita Mitra als Finalistin für den Europäischen Erfinderpreis 2021 nominiert
- Die indisch-amerikanische Chemikerin ist für ihre bahnbrechende Verwendung von Nanotechnologie in der Zahnmedizin für den Innovationspreis des Europäischen Patentamts (EPA) nominiert
- Ihre Methode integriert Nanopartikel in zahnmedizinische Materialien für festere und verschleißbeständigere Füllungen mit einer langlebigen Politur
- Die Erfindung kam bereits bei mehr als einer Milliarde Zahnbehandlungen weltweit zum Einsatz
München, 4. Mai 2021 - Das Europäische Patentamt (EPA) gibt die Nominierung der indisch-amerikanischen Chemikerin Sumita Mitra als Finalistin in der Kategorie „Nicht-EPO Staaten" für den Europäischen Erfinderpreis 2021 bekannt. Mitra gelang es als erstes, die Nanotechnologie bei der Herstellung von Dentalmaterialien zu nutzen. Sie entwickelte ein neues Komposit zur Reparatur von Zähnen, das gegenüber herkömmlichen Materialien zahlreiche Vorteile bietet.
Das Material der Chemikerin lässt viele der Einschränkungen bisheriger Dentalkomposite beiseite, die entweder zu schwach sind, um auf Bissflächen verwendet zu werden, oder schnell ihre Politur verlieren, wodurch sich das Erscheinungsbild der behandelten Zähne verschlechtert. Ihre Erfindung ist zudem vielseitiger als andere Komposite, denn sie kann überall im Mund eingesetzt werden und vereinfacht das Füllungsverfahren für Zahnärzte. Mitra arbeitete über 30 Jahre lang für das weltweit agierende US-amerikanische Unternehmen 3M, das ihre Erfindung als FiltekTM Supreme Universal Restorative seit 2002 kommerzialisiert. Die Technologie und die daraus entwickelten Produkte werden heute von Zahnärzten überall auf der Welt eingesetzt.
„Mitras Erfindung basiert auf Nanotechnologie, eine damals neue Technologie, und wendet sie im Bereich der Zahnmedizin an, um hier eine bessere Patientenversorgung und gleichzeitig eine gute Lösung für Zahnärzte zu bieten", so EPA-Präsident António Campinos bei der Bekanntgabe der Finalisten des Europäischen Erfinderpreises 2021. „Patente schützen ihr Material und haben dazu beigetragen, dass ihre Erfindung auch fast 20 Jahre nach ihrer Markteinführung kommerziell erfolgreich bleibt. "
Die Gewinner des jährlichen Innovationspreises des EPA werden am 17. Juni 2021 ab 19 Uhr im Rahmen einer Galaveranstaltung bekannt gegeben, die in diesem Jahr als virtuelles Event für ein weltweites Publikum neu konzipiert wurde.
Ein neues Nanomaterial entsteht
Bis in die späten 1990er-Jahre stand Zahnärzten, die natürlich aussehende Zahnreparaturen durchführen wollten, eine Kombination aus zwei Materialien zur Verfügung: Komposit-Mikrofüllungen, die zwar ästhetisch ansprechend, aber zu schwach waren, um für Zähne im hinteren Teil des Mundes und Beißoberflächen verwendet zu werden, und stärkere, aber weniger attraktive Hybridkomposite. Ein Hauptproblem war die Größe der Füllstoffpartikel, die im Kunststoff aufgelöst werden, um ihm Festigkeit, Farbe und Opazität zu verleihen. Üblicherweise bestanden diese Füllstoffe aus großen, dichten Partikeln, wie z. B. Quarz oder Glas, die in feinere Partikel zermahlen wurden. Wenn sich das Harz allerdings nach und nach abnutzte, begannen diese Partikel aus dem Material herauszuragen oder lösten sich von der Oberfläche, was zu Beulen und Kratern führte, die das Licht streuen. Das Ergebnis war eine Füllung, die schnell ihre Reflektivität und ihren Glanz verlor.
Mitra arbeitete in der Mundpflegeabteilung von 3M, als sie auf die Einschränkungen der existierenden Komposit-Materialien aufmerksam wurde. Zur gleichen Zeit kam die Nanotechnologie als Forschungsgebiet auf und die Chemikerin begann sich damit zu beschäftigen, wie diese neuen Entwicklungen in der Zahnmedizin genutzt werden könnten. Ihr Ziel war es, echte Probleme von Menschen lösen, und dafür wollte sie ihr Fachwissen in Polymerchemie und Materialwissenschaft nutzen, um auf Nanotechnologie basierte Lösungen für ein neues Dentalmaterial zu entwickeln.
Sie hatte die Idee, Komposit-Füllstoffe durch Nanopartikel zu ersetzen. Da diese ultrafeinen Partikel mit einem Durchmesser zwischen 1 und 100 Nanometern kleiner sind als die Wellenlänge des sichtbaren Lichts, streuen sie es nicht, was zu einem Material führt, das seinen Glanz beibehält. Zunächst hatten Mitra und ihr Team bei 3M einheitliche Nanopartikel mit einer Größe von weniger als 20 Nanometern (1 nm ist ein Milliardstel Meter) in Harze eingearbeitet. Die so entstandenen Materialien waren zwar stark und ästhetisch ansprechend, ließen sich aber nur schwer formen und waren daher für die Zahnmedizin ungeeignet.
Gemeinsam mit ihrem Team entwickelte Mitra daher eine Technik zur Erzeugung von verknüpften Clustern aus Nanopartikeln, die sie „Nanocluster" nannten. Diese wurden mit einzelnen Nanopartikeln mit unterschiedlichen Durchmessern kombiniert, was in einem starken, haltbaren und glänzenden Material mit hervorragenden Handhabungseigenschaften resultierte. Durch die Zugabe winziger Mengen von Pigmenten und die Veränderung der chemischen Zusammensetzung der Nanopartikel entwickelte das Team außerdem eine Reihe verschiedener Farbtöne, die individuell den Zähnen von Patienten angepasst und geschichtet werden können, um ein natürlicheres Erscheinungsbild zu erzielen. „Die Nutzung von Nanotechnologie ermöglichte es mir, ein neues Material herzustellen", erläutert Mitra. „Es macht das Lächeln von Menschen schöner und verbessert ihre Lebensqualität."
Nach dem erfolgreichen Entwicklungsprozess arbeitete die Wissenschaftlerin eng mit den Patentanwälten von 3M zusammen, um die Patente zum Schutz ihrer bahnbrechenden Erfindung auszuarbeiten. Neben ihrem Beitrag zur Filtek-Produktpalette ist Mitra als Erfinderin auf 58 erteilten europäischen Patenten für Erfindungen genannt, die verschiedene zahnmedizinische Innovationen ermöglichten, darunter kunststoffmodifizierte Glasionomere und neue haftende Substanzen, die in anderen 3M-Produkten zu finden sind. „Das Patent war wichtig, um die Erfindung zu schützen, damit andere die Rechte an der Technologie nicht verletzen können", so Mitra.
Nachhaltige Wirkung für zahnmedizinische Innovationen
2002 brachte 3M das auf Mitras Arbeit basierende Material FiltekTM Supreme Universal auf den Markt. Obwohl seitdem mehrere neue Produktgenerationen entwickelt wurden, basiert die aktuelle Linie immer noch auf Mitras europäischen Patenten. 3M betrachtet das Material als einzigartig, weil es Haltbarkeit mit ästhetischen Qualitäten verbindet, die auf Mikro- oder Nano-Hybridfüllern basierende Konkurrenzprodukte nicht erreichen.
Mitras Erfindung hat dazu beigetragen, dass das Unternehmen 2019 als einer der drei weltweit größten Hersteller für Komposit-Füllmaterialien im Markt für Zahnrestaurationen genannt wird. Laut der Erfinderin liegt die Stärke des Materials in seiner Vielseitigkeit: „Das Material verbindet alle Eigenschaften, die man sich für eine Zahnfüllung wünscht. Daher wird diese Technologie für so viele verschiedene Arten von Zahnrestaurationen auf der ganzen Welt genutzt."
Mitra ging 2010 in den Ruhestand. 3M ist allerdings weiter erfolgreich mit ihrer Erfindung. Bis heute wurden Filtek-Produkte in einer Milliarde Zahnrestaurationen weltweit von Zahnärzten eingesetzt. Die Chemikerin unterstützt jetzt mit ihrem eigenen Beratungsunternehmen weiterhin Forschung und Entwicklung. Außerdem engagiert sie sich ehrenamtlich, um junge Menschen für die Wissenschaft zu interessieren.
Hinweise für die Redaktionen
Informationen zur Erfinderin
Sumita Mitra ist Partnerin bei Mitra Chemical
Consulting, LLC, einem Unternehmen, das sie nach ihrem Ausscheiden bei 3M 2010
zusammen mit ihrem Mann gründete. In diesem Rahmen berät sie bei der
Entwicklung neuer Technologien, zum Produktdesign, der Kommerzialisierung sowie
Fusionen und Übernahmen. Sie wurde 2009 zum „American Chemical
Society Hero of Chemistry"
ernannt. 2018
wurde sie für ihre Arbeit im Zusammenhang mit Erfindungen in der
Nanotechnologie zur Verwendung in Dentalmaterialien in die „US National Inventors Hall of Fame" aufgenommen und 2021 in die National Academy of Engineering gewählt. Zudem erhielt sie weitere
Auszeichnungen, wie den Hollenback Memorial Prize der Academy of Operative
Dentistry (2020), den Peyton-Skinner Award für Innovation im Bereich
zahnmedizinische Materialien der International Association of Dental Research
(2012) und einen Top 25 Women in Dentistry Award (2010). 1998 wurde Mitra in
die 3M Carlton Society gewählt, die höchste Auszeichnung von 3M, die für
lebenslange Beiträge zur Forschung und Entwicklung vergeben wird.
Sumita Mitra ist auf 58 europäischen Patenten genannt. Vier davon stehen im Zusammenhang mit ihrer Nominierung für den Europäischen Erfinderpreis 2021: EP1225867, EP1227782, EP1229886, EP1771143.
Über den Europäischen Erfinderpreis
Der Europäische
Erfinderpreis ist einer der
renommiertesten Innovationspreise Europas. Er wurde 2006 vom EPA ins Leben
gerufen und ehrt einzelne Erfinder und Erfinderteams, deren wegweisende
Innovationen Antworten auf einige der größten Herausforderungen unserer Zeit
geben. Die Finalisten und Gewinner werden von einer unabhängigen Jury bestehend aus internationalen Experten aus
Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Akademie und Forschung ausgewählt. Sie prüft
die Vorschläge hinsichtlich ihres Beitrags zum technischen Fortschritt, zur
gesellschaftlichen Entwicklung, zum wirtschaftlichen Wohlstand und zur Schaffung
von Arbeitsplätzen in Europa. Der Preis wird in fünf Kategorien (Industrie,
Forschung, KMU, Nicht-EPO Staaten und Lebenswerk) verliehen. Der Gewinner des Publikumspreises
wird von der Öffentlichkeit aus den 15 Finalisten über ein Online-Voting
ermittelt.
Über das EPA
Mit 6 400 Bediensteten ist das Europäische
Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das EPA, das
seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag
und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den
Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des
zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinder hochwertigen
Patentschutz in bis zu 44 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund
700 Millionen Menschen umfassen. Außerdem ist das EPA weltweit führend in den
Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.
EPA-Pressekontakt
Luis
Berenguer Giménez
Hauptdirektor Kommunikation, Sprecher
Tel.: +49 89
2399 1203