Proteine als Indikatoren für den Gesundheitszustand: Schwedische Erfinder als Finalisten des Europäischen Erfinderpreises 2024 ausgewählt
- Die Erfinder Ulf Landegren und Simon Fredriksson haben mit ihrem Team die Proteomik revolutioniert und eine umfassende, detailliertere und genauere Proteinanalyse möglich gemacht.
- Die beiden Wissenschaftler treten im Finale in der Kategorie "Industrie" gegen ein isländisches und ein italienisch-deutsches Team an. Die Gewinner(innen) werden während der Preisverleihung am 9. Juli in Malta bekannt gegeben.
- Ab heute kann für den Publikumspreis abgestimmt werden.
München, 16. Mai 2024 – Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stirbt jedes Jahr eine von sechs Personen, bei der Krebs diagnostiziert wurde. Bis sich Krebssymptome zeigen, besteht zumeist keine Möglichkeit für eine frühzeitige Behandlung. Doch Durchbrüche in der medizinischen Forschung verändern diese schwierige Situation. Die Proteomik, die Untersuchung der Proteine und ihrer Funktionen im Körper, wurde von Ulf Landegren, Simon Fredriksson und ihrem Team wiederbelebt. Sie entwickelten Proteomik-Tests (Assays) zur Erkennung und Quantifizierung von Proteinen. Diese Tests verbessern das Screening auf zahlreiche Krankheiten und eröffnen neue Wege für deren Behandlung. Ulf Landegren, Simon Fredriksson und ihr Team wurden unter über 550 Kandidatinnen und Kandidaten als Finalisten in der Kategorie "Industrie" des Europäischen Erfinderpreises 2024 ausgewählt.
Proteomik im Blickpunkt
Inspiriert durch die PCR-Technologie der 80er Jahre begannen Ulf Landegren und Simon Fredriksson mit ihrem Team an der Universität Uppsala, Paare von Antikörpern gegen bestimmte Proteine in Proben mit eindeutigen, leicht identifizierbaren synthetischen DNA-Markern zu versehen. Dieses Verfahren führte direkt zu ihrem innovativen Proximity Ligation Assay (PLA) und dessen späterer Verfeinerung Proximity Extension Assay (PEA).
"Bei der gleichzeitigen Analyse vieler Proteine in herkömmlichen Assays verschlechtert sich die Datenqualität sehr schnell. Zur Lösung dieses Problems verwendeten wir Paare von Antikörpern, die jeweils an einen eindeutigen DNA Sequence Tag gekoppelt waren", erklärt Fredriksson. "Auf diese Wiese konnten wir die Reaktionen bestimmen, indem wir die entsprechend abgestimmten Sequenzen von Antikörperpaaren quantifizierten, so dass wir eine skalierbare Proteinuntersuchung von mehreren tausend Proteinen gleichzeitig anstellen konnten", fügt er hinzu.
Die Tests PLA und PEA minimieren Hintergrundrauschen, da sie spezifischer sind und viele Proteine gleichzeitig auswerten können. So können die Forscher Krankheiten aufdecken, noch bevor Symptome auftreten, was eine frühzeitige Behandlung ermöglicht. Weiterhin hat die Entdeckung, dass jede Person einen unverwechselbaren Protein-Fingerabdruck besitzt, den Weg für eine hochgradig individualisierte Medizin in der Zukunft eröffnet.
Die verbesserten Screening-, Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten verbessern die Chancen für eine effektive Behandlung von Krankheiten wie Krebs, Malaria, Tuberkulose und Multiple Sklerose. "Die Genetik kann vorausschauend bereits vor unserer Geburt eine Veranlagung für bestimme Krankheiten aufzeigen, aber sie bietet keine Möglichkeit, einen Krankheitsverlauf zu verfolgen. Proteine hingegen können in vielen Fällen den Ausbruch und unterschiedliche Verläufe einer Krankheit sowie Reaktionen auf eine Therapie aufzeigen", betont Landegren.
Aufbau einer Industrie
Zusammen mit Fredriksson und einem Team Gleichgesinnter gründete Landegren das Unternehmen Olink AB für die praktische Umsetzung ihrer Entdeckungen. Eine Anwendungsmöglichkeit der Erfindungen in Flüssigbiopsien, wie Plasma und Serum, wurden in das gesonderte Unternehmen Olink Proteomics ausgelagert. Mit seiner Bibliothek von inzwischen über 6000 validierten Protein-Biomarkern ist Olink Proteomics heute Marktführer in diesem Bereich. Im Oktober 2023 gab das multinationale Unternehmen Thermo Fisher Scientific die Absicht bekannt, das Unternehmen für 2,84 Milliarden Euro zu erwerben.
Die beiden schwedischen Erfinder wurden unter die Finalisten der Kategorie "Industrie" des diesjährigen Europäischen Erfinderpreises gewählt, mit dem herausragende Erfinder(innen) mit einem europäischen Patent gewürdigt werden. Die anderen Finalisten in dieser Kategorie sind der Isländer Fertram Sigurjonsson für die Entwicklung eines biotechnologisch erzeugten Wundheilungsprodukts aus Fischhaut und das Team von Fiorenzo Dioni aus Italien und Richard Oberle aus Deutschland für ihre CO2-ärmere Aluminiumgusstechnologie in der Automobilproduktion. Das Europäische Patentamt (EPA) wird die Gewinnerinnen und Gewinner am 9. Juli 2024 im Rahmen einer per Livestream aus Malta übertragenen Preisverleihung bekannt geben. Neben diesen wird das EPA dann auch die Sieger des per Online-Abstimmung ermittelten Publikumspreises bekannt geben. Die Stimmabgabe ist bis zum Tag der Preisverleihung möglich.
Weitere Informationen über die Auswirkungen der Erfindungen, die Technologie und Näheres zu den Erfinderinnen und Erfindern finden Sie hier.
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Medienkontakte Europäisches Patentamt
Luis Berenguer Giménez
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Über den Europäischen Erfinderpreis
Der Europäische Erfinderpreis ist einer der renommiertesten Innovationspreise in Europa. Mit dem 2006 vom EPA ins Leben gerufenen Preis werden Einzelpersonen und Teams ausgezeichnet, die Lösungen für einige der größten Herausforderungen unserer Zeit gefunden haben. Die Jury des Europäischen Erfinderpreises besteht aus Erfindern, die allesamt ehemalige Finalistinnen und Finalisten sind. Bei der Beurteilung der Vorschläge stützt sich die unabhängige Jury auf ihr umfangreiches Fachwissen in den Bereichen Technik, Wirtschaft und geistiges Eigentum. Im Jahr 2024 hat Wolfgang M. Heckl den Vorsitz der Jury inne. Alle Erfinder müssen für ihre Erfindung ein europäisches Patent erhalten haben. Weitere Informationen zu den verschiedenen Kategorien und Preisen, den für die Auswahl geltenden Kriterien und zur Preisverleihungszeremonie am 9. Juli 2024 in Malta, die im Livestream verfolgt werden kann.
Über das EPA
Mit 6 300 Beschäftigten ist das Europäische Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das Amt, das seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinderinnen und Erfinder hochwertigen Patentschutz in bis zu 45 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Menschen umfassen. Das EPA ist zudem weltweit führend in den Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.