Nutzung der globalen osmotischen Energie für die Erzeugung von wettbewerbsfähigem grünem Strom: Zwei Franzosen für das Finale des Europäischen Erfinderpreises 2024 nominiert
- Bruno Mottet und Lydéric Bocquet haben eine Technologie entwickelt, die mithilfe einer speziellen Membran aus den Unterschieden in der Salzkonzentration im Wasser Energie erzeugt.
- Osmosekraftwerke können den wachsenden Energiebedarf nachhaltig decken und die Abhängigkeit von fossilen Kraftstoffen verringern, indem sie die Menge global verfügbarer erneuerbarer Energien erhöhen.
- Die beiden Wissenschaftler treten im Finale in der Kategorie "Kleine und mittelständische Unternehmen" gegen ein finnisches und ein polnisches Team an. Die Gewinner(innen) werden während der Preisverleihung am 9. Juli in Malta bekannt gegeben.
- Ab heute kann für den Publikumspreis abgestimmt werden.
München, 16. Mai 2024 – Die Internationale Energieagentur prognostiziert einen weltweiten Strombedarf von fast 30 000 Terawattstunden (TWh) bis 2025. Obwohl Solar- und Windstrom zwangsläufig einen Teil des Mehrbedarfs abdecken werden, dürften fossile Brennstoffe voraussichtlich weiterhin einen großen Anteil am weltweiten Strommix ausmachen. Daher werden neue erneuerbare Energiequellen benötigt, um CO2-Neutralität zu erreichen, und die außerdem unempfindlich gegenüber Wetterbedingungen und verschiedenen Infrastrukturbeschränkungen sind. Die Wissenschaftler Bruno Mottet und Lydéric Bocquet haben eine Osmosetechnologie entwickelt, die wie eine umgekehrte Wasserentsalzung funktioniert und effizient und ohne jede Unterbrechung grüne Elektrizität erzeugen kann. Für diese Leistung wurden sie von einer unabhängigen Jury aus über 550 Kandidatinnen und Kandidaten als Finalisten in der Kategorie "Kleine und mittelständische Unternehmen" des Europäischen Erfinderpreises 2024 nominiert.
Entwicklung einer wettbewerbsfähigen, nicht intermittierenden erneuerbaren Energiequelle
In Mündungsgebieten und Fluss-Deltas auf der ganzen Welt könnte zuverlässig per Osmose Strom erzeugt werden. Um diese Energie am Zusammenfluss von Süß- und Meerwasser zu nutzen, entwickelten Mottet und Bocquet die Technologie Ionic Nano Osmotic Diffusion (INOD®) auf der Grundlage von Untersuchungen des französischen Nationalen Zentrums für Wissenschaftliche Forschung (CNRS). Anstatt Elektrizität mithilfe von Turbinen zu erzeugen, indem Salzwasser durch eine Membran gedrückt wird, nutzt die INOD®-Technologie Phänomene im Nanobereich, um Ionenströme nie gesehener Stärke zu erzeugen. Dabei wandern die Salzionen von der hohen Salzkonzentration des Meerwassers durch eine selektive Membran zur niedrigeren Konzentration im Flusswasser. Durch diese Ladungsdifferenz entsteht ein elektrischer Strom. Die von den beiden Wissenschaftlern entwickelte ionenselektive Spezialmembran aus biologischem Material ist die wichtigste Komponente der Technologie.
Um diese Technologie zu skalieren, gründeten die Erfinder zusammen mit ihren Partnern Nicolas Heuzé und Pascal le Mélinaire das Unternehmen Sweetch Energy. Innerhalb von 10 Jahren schafften sie es, ihre wissenschaftliche Entdeckung auf Basis einer Nanoröhre in eine industrielle Lösung umzuwandeln. Heute arbeitet das Unternehmen zusammen mit der Compagnie Nationale du Rhône an der Entwicklung eines Osmosekraftwerks mit Namen OsmoRhône, das noch 2024 fertiggestellt werden soll. Die Pilotanlage wird osmotische Energie aus der Rhone gewinnen, mit einer möglichen installierten Leistung von 500 Megawatt (MW), womit in den nächsten zehn Jahren mehr als 1,5 Millionen Menschen mit sauberem Strom versorgt werden könnten. Das entspricht der Einwohnerzahl von Marseille, Barcelona, Amsterdam oder Montreal. "Es hat mehr als ein Jahr gedauert, die französische Regierung und die Europäische Kommission vom Potenzial der osmotischen Energie als strategische Energiequelle der Zukunft für das europäische Stromnetz zu überzeugen", erklärt Mottet.
Sweetch Energy arbeitet außerdem mit EDF Hydro an der Einführung osmotischer Energie in großem Maßstab in Frankreich und im Ausland.
Innovationsmotor Start-up
Bocquet, ein multidisziplinärer Physiker am CNRS, wollte sein Fachwissen zum Nutzen der Gesellschaft einsetzen. Beeindruckt von Bocquets Arbeit, gründete Mottet 2015 gemeinsam mit Bocquet das Unternehmen Sweetch Energy. Mottet fungierte dabei als Chief Innovation Officer, Bocquet als Berater.
"Manchmal können Start-ups das fehlende Bindeglied zwischen neuen Ideen und Konzepten im Forschungslabor und deren Anwendung in bahnbrechenden Technologien im industriellen Maßstab bilden", fügt Bocquet hinzu.
Das französische Team gehört zu den drei Finalisten in der Kategorie "KMU" des Europäischen Erfinderpreises 2024. Die anderen Finalistinnen und Finalisten in dieser Kategorie sind die finnischen Erfinder Sirpa und Markku Jalkanen für eine gezielte Immuntherapie zur Krebsbehandlung und ein polnisches Team unter Leitung von Olga Malinkiewicz für ihre innovative Drucktechnologie für Dünnschicht-Solarzellen aus Perowskit. Das Europäische Patentamt (EPA) wird die Gewinnerinnen und Gewinner am 9. Juli 2024 im Rahmen einer per Livestream aus Malta übertragenen Preisverleihung bekannt geben. Neben diesen wird das EPA dann auch die Sieger des per Online-Abstimmung ermittelten Publikumspreises bekannt geben. Die Stimmabgabe ist bis zum Tag der Preisverleihung möglich.
Weitere Informationen über die Auswirkungen der Erfindungen, die Technologie und Näheres zu den Erfinderinnen und Erfindern finden Sie hier.
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Luis Berenguer Giménez
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Über den Europäischen Erfinderpreis
Der Europäische Erfinderpreis ist einer der renommiertesten Innovationspreise in Europa. Mit dem 2006 vom EPA ins Leben gerufenen Preis werden Einzelpersonen und Teams ausgezeichnet, die Lösungen für einige der größten Herausforderungen unserer Zeit gefunden haben. Die Jury des Europäischen Erfinderpreises besteht aus Erfindern, die allesamt ehemalige Finalistinnen und Finalisten sind. Bei der Beurteilung der Vorschläge stützt sich die unabhängige Jury auf ihr umfangreiches Fachwissen in den Bereichen Technik, Wirtschaft und geistiges Eigentum. Im Jahr 2024 hat Wolfgang M. Heckl den Vorsitz der Jury inne. Alle Erfinder müssen für ihre Erfindung ein europäisches Patent erhalten haben. Weitere Informationen zu den verschiedenen Kategorien und Preisen, den für die Auswahl geltenden Kriterien und zur Preisverleihungszeremonie am 9. Juli 2024 in Malta, die im Livestream verfolgt werden kann.
Über das EPA
Mit 6 300 Beschäftigten ist das Europäische Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das Amt, das seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinderinnen und Erfinder hochwertigen Patentschutz in bis zu 45 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Menschen umfassen. Das EPA ist zudem weltweit führend in den Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.