Schnellere Wundheilung dank Fischhaut: Isländischer Unternehmer und sein Team für das Finale des Europäischen Erfinderpreises 2024 nominiert
- Der Erfinder Fertram Sigurjonsson unterstützt die schnelle und wirksame Wundheilung mit Hauttransplantaten aus Fischhaut.
- Fischhaut als Hautersatz hat sich als wirksamer Beitrag zur Heilung von Wunden erweisen, die sich normalerweise immer weiter verschlimmern würden, etwa Wunden im Zusammenhang mit Diabetes, die oft Amputationen erforderlich machen.
- Sigurjonsson gehört zu den Finalistinnen und Finalisten in der Kategorie "Industrie" des Europäischen Erfinderpreises 2024, neben einem schwedischen und einem italienisch-deutschen Team. Die Gewinner(innen) werden während der Preisverleihung am 9. Juli in Malta bekannt gegeben.
- Ab heute kann für den Publikumspreis abgestimmt werden.
München, 16. Mai 2024 – Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) leiden mehr als 60 Millionen Menschen in Europa unter Diabetes. Die Krankheit verursacht eine verschlechterte Wundheilung, die oft keine Alternative zur Amputation lässt. Hauttransplantate aus Fischhaut können die Heilung dieser und anderer schwerer, schmerzhafter Wunden wie beispielsweise Verbrennungen und Operationswunden beschleunigen und fördern. Der isländische Erfinder Fertram Sigurjonsson hat mit seinem Team ein fortschrittliches Hauttransplantat aus dem bisherigen Abfallstoff Fischhaut entwickelt, das anderen Wundheilungsprodukten in vielerlei Hinsicht überlegen ist. Sigurjonsson und sein Team wurden unter über 550 Kandidatinnen und Kandidaten als Finalisten in der Kategorie "Industrie" des Europäischen Erfinderpreises 2024 ausgewählt.
Gitterartiges Gerüst auf der Haut
Aufgrund des komplexen Aufbaus der Haut und ihrer Heilungsprozesse war die Wundheilung schon immer ein schwieriges Thema. Noch heute leiden hunderttausende Menschen weltweit unter Funktionseinschränkungen, lebensverändernden Narben oder noch schlimmer: nicht heilenden Wunden. Hauttransplantate haben sich hier als bahnbrechend erwiesen. Tierhaut wird als gitterartiges Gerüst auf die Haut gelegt, das als Granulationsgewebe fungiert und die Bildung neuer Blutgefäße anregt. Aufbauend auf diesem Prinzip haben Fertram Sigurjonsson und sein isländisches Team eine verbesserte Technologie auf der Basis von Kabeljau-Haut entwickelt, die gegenüber herkömmlichen Transplantaten aus der Haut von Säugetieren mehrere Vorteile bietet. Weil Viren zwischen Säugetieren übertragen werden können, müssen die Hauttransplantate von Säugern mit aggressiven Chemikalien behandelt werden, um die Gefahr einer Krankheitsübertragung zu verringern. Diese Behandlung greift jedoch die Materialien an und verringert ihre Wirksamkeit. Weil Krankheiten nicht vom Fisch auf den Menschen übertragen werden können, wird die Fischhaut nur wenig bearbeitet, wodurch ihre dreidimensionale Struktur, ihre mechanischen Eigenschaften und chemische Komplexität sowie die Fette und Omega-Fettsäuren, die die Wundheilung unterstützen, erhalten bleiben.
"Wie die menschliche Haut besteht auch Fischhaut aus Oberhaut, Lederhaut und Unterhautgewebe. Evolutionär gesehen ist unsere Haut also mit Fischhaut identisch, mit dem einzigen Unterschied, dass Fischhaut mit Schuppen versehen ist, die sich bei der menschlichen Haut zu Haaren entwickelt haben. Es dauerte vier Jahre, bis wir im Labor ein Verfahren zur Extraktion der Fisch-DNS entwickelt haben, um eine Immunreaktion auf eine Transplantation beim Menschen zu verhindern. Wir haben ein Verfahren zur Entfernung der DNS entwickelt, bei dem Chemie und Struktur der Haut erhalten bleiben, um die heilenden Eigenschaften der Fischhaut zu bewahren", erklärt Sigurjonsson.
Innovation aus dem Meer
2007 unternahm Sigurjonsson vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen in den Bereichen Chemie und Technik erste Schritte, um seine Idee der Verwendung der an Omega-3-Fettsäuren reichen Fischhaut zur Behandlung von Wunden und Gewebeschäden zu realisieren. 2013 brachte er das bahnbrechende Produkt auf den Markt, dessen Weiterentwicklung in einer systematischen Prüfung, veröffentlicht in der National Library of Medicine "beschleunigte Wundheilung, Schmerzlinderung und einfacherer Verbandswechsel sowie Reduzierung der Behandlungskosten sowie verbesserte Ästhetik und funktionelle Ergebnisse gegenüber herkömmlichen Behandlungen" bescheinigt wurden.
Am 7. Juli 2023 kündigte Coloplast die Übernahme von Kerecis für bis zu 1,2 Milliarden Euro an. Dieser Kaufpreis macht Kerecis zum ersten Unicorn-Unternehmen Islands.
Sigurjonsson wurde mit seinem Team unter die Finalisten der Kategorie "Industrie" des diesjährigen Europäischen Erfinderpreises gewählt, mit dem herausragende Erfinder(innen) mit einem europäischen Patent gewürdigt werden. Die anderen Finalisten in dieser Kategorie sind Ulf Landegren und Simon Fredriksson aus Schweden für ihre Arbeit zur Molekulardiagnostik zur verbesserten Krankheitserkennung und das Team von Fiorenzo Dioni aus Italien und Richard Oberle aus Deutschland für ihre Fortschritte bei einer CO2-ärmeren Aluminiumgusstechnologie in der Automobilproduktion. Das Europäische Patentamt (EPA) wird die Gewinnerinnen und Gewinner der verschiedenen Kategorien in einer live aus Malta gestreamten Preisverleihung am 9. Juli 2024 bekannt geben. Neben diesen wird das EPA dann auch die Sieger des per Online-Abstimmung ermittelten Publikumspreises bekannt geben. Die Stimmabgabe ist bis zum Tag der Preisverleihung möglich.
Weitere Informationen über die Auswirkungen der Erfindungen, die Technologie und Näheres zu den Erfinderinnen und Erfindern finden Sie hier.
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Medienkontakte Europäisches Patentamt
Luis Berenguer Giménez
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Über den Europäischen Erfinderpreis
Der Europäische Erfinderpreis ist einer der renommiertesten Innovationspreise in Europa. Mit dem 2006 vom EPA ins Leben gerufenen Preis werden Einzelpersonen und Teams ausgezeichnet, die Lösungen für einige der größten Herausforderungen unserer Zeit gefunden haben. Die Jury des Europäischen Erfinderpreises besteht aus Erfindern, die allesamt ehemalige Finalistinnen und Finalisten sind. Bei der Beurteilung der Vorschläge stützt sich die unabhängige Jury auf ihr umfangreiches Fachwissen in den Bereichen Technik, Wirtschaft und geistiges Eigentum. Im Jahr 2024 hat Wolfgang M. Heckl den Vorsitz der Jury inne. Alle Erfinder müssen für ihre Erfindung ein europäisches Patent erhalten haben. Weitere Informationen zu den verschiedenen Kategorien und Preisen, den für die Auswahl geltenden Kriterien und zur Preisverleihungszeremonie am 9. Juli 2024 in Malta, die im Livestream verfolgt werden kann.
Über das EPA
Mit 6 300 Beschäftigten ist das Europäische Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das Amt, das seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinderinnen und Erfinder hochwertigen Patentschutz in bis zu 45 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Menschen umfassen. Das EPA ist zudem weltweit führend in den Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.