Nachhaltiges Papier aus Herbstlaub: Ukrainischer Wissenschaftler zum Finalisten des Young Inventors Prize 2024 ausgewählt
-
Der 23-jährige ukrainische Erfinder Valentyn Frechka hat ein Recyclingverfahren entwickelt, mit dem Laub zu nachhaltigem Papier verarbeitet werden kann.
-
Releaf Paper erzeugt aus 2,3 Tonnen Herbstlaub 1 Tonne Zellulose. Für diese Zellulosemenge müssten normalerweise 17 Bäume gefällt werden.
-
Der ukrainische Erfinder tritt am 9. Juli beim Young Inventors Prize gegen ein tunesisches und ein niederländisches Team an.
München, 4. Juni 2024 – Laut dem World Wildlife Fund (WWF) gehört die Papierindustrie zu den größten Industriezweigen der Welt, mit weitreichenden Folgen für die Wälder weltweit. Auf diesen Sektor entfallen 13 bis 15 Prozent des gesamten Holzverbrauchs sowie zwischen 33 und 40 Prozent aller weltweit gehandelten industriellen Hölzer. Auf der Suche nach einer nachhaltigeren Lösung für die Papierherstellung entwickelte der 23-jährige ukrainische Erfinder Valentyn Frechka ein Recyclingverfahren, mit dem Laub zu nachhaltigem Papier verarbeitet werden kann. Frechka ist Finalist des Young Inventors Prize im Rahmen des Europäischen Erfinderpreises 2024. In Anerkennung seiner vielversprechenden Arbeit in Richtung einer Kreislaufwirtschaft, womit er eines der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDGs) unterstützt, wurde er aus über 550 Bewerberinnen und Bewerbern der diesjährigen Auflage ausgewählt.
Neues Verfahren für Recyclingpapier aus Laub
Bekanntermaßen beschleunigt die weltweite Abholzung von Wäldern den Klimawandel, verstärkt die Luftverschmutzung, führt zum Verlust der Biodiversität und stört den Wasserkreislauf. Außerdem verursacht die globale Erwärmung Probleme wie Erosion und Süßwasserknappheit. Zudem erhöht sie die Kosten für die Bewältigung von Umweltschäden wie beispielsweise Überschwemmungen.
2021 gründete Valentyn Frechka Releaf Paper, um sein Verfahren zu kommerzialisieren. Das Unternehmen bezieht das Laub von Stadtverwaltungen und wandelt den Abfallstoff in biologisch abbaubare, recycelbare Papierprodukte um. Dies stellt eine praktische und kostengünstige Möglichkeit zur Beseitigung organischer Abfälle in Stadtgebieten dar, schont den Wald und vermeidet Treibhausgasemissionen beim Verrotten der Blätter. Damit erzeugt Releaf Paper umweltfreundliches Verpackungsmaterial und reduziert das Abfallaufkommen. Das Unternehmen produziert aus 2,3 Tonnen Herbstlaub eine ganze Tonne Zellulose - wofür 17 Bäume gefällt werden müssten.
Releaf Paper wandelt dieses Laub mittels fortschrittlicher Technologie völlig ohne Sulfate, Sulfite und Chlor in nachhaltiges Papier um. Die Blätter werden gereinigt und einer chemisch-mechanischen Behandlung unterzogen, bei der sie unter hohem Druck und Dampf zermahlen und aufgeweicht werden. Dieses Verfahren scheidet die Fasern zuverlässig ab, worauf sich ein holzähnlicher Zellstoff ergibt. Dieser wird daraufhin zusammen mit Bio-Füllstoffen zu Papierrollen für unterschiedlichste Produkte wie Papiertüten, Kartonage und Wellpappkartons verarbeitet.
Das Unternehmen mit Büros in Paris und Kiew wandelt außerdem Abfallstoffe in Dünger um, den es an die Städte zurückliefert. In Zukunft möchte Frechkas Unternehmen auch Obstabfälle wie tropische Blätter etwa von Ananas, Bananen oder Yuccas sowie landwirtschaftliche Abfälle verarbeiten.
Inspiriert durch den Naturschutzgedanken
Frechka wurde im Dorf Sokyrnytsia von seinen Großeltern aufgezogen. Schon immer hatte er eine glühende Liebe für die Natur und das Leben. Im Alter von 16 Jahren kam ihm beim Wandern in den Karpaten die Idee, die Abholzung zu reduzieren, indem man abgefallene Blätter als wertvolle Ressource für die Papierproduktion nutzt. Dabei reduziert man gleichzeitig die CO2-Emissionen, die während der Verrottung entstehen. Er trat der Junior Academy of Sciences of Ukraine bei und brachte seine Erfindung auf den Weg.
"Releaf ist ein hervorragendes Beispiel dafür, was möglich ist, wenn Erfahrung, Inspiration und Wissen zum richtigen Moment am richtigen Ort zusammentreffen", erklärt Frechka. "Laub konnte bisher noch nicht zu Papier verarbeitet werden, und wir fühlten uns zu Großem berufen, im Wissen, dass diese Technologie zukünftige Generationen unterstützen und gleichzeitig die Technologie-Landschaft der Ukraine erhalten kann", fügte er hinzu.
2021 erhielt Releaf Paper Unterstützung vom WWF und von Canopy Planet. Nach der Invasion Russlands in der Ukraine 2022 zog Frechka nach Frankreich um und fand zusammen mit seinem Partner eine neue Möglichkeit, die Chancen des Unternehmens zu vergrößern. Aktuell wird das Laubpapier außerhalb der Ukraine produziert. Releaf verkauft seine Produkte in vielen europäischen Ländern. Zu seinen Kunden zählen viele namhafte internationale und Konsumgütermarken.
Releaf Paper löst mithilfe neuer Technologie das Problem von Pflanzenabfällen in Städten und verhindert gleichzeitig die Abholzung von Wäldern. Damit unterstützt es die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) 9 (Industrie, Innovation und Infrastruktur) und 12 (Nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion).
Der ukrainische Erfinder des Verfahrens wurde unter die drei Finalisten für den Young Inventors Prize beim diesjährigen Europäischen Erfinderpreis nominiert, mit dem herausragende Erfinder unter 30 Jahren gewürdigt werden. Die anderen Finalisten sind Rochelle Niemeijer, die ein tragbares Testkit entwickelt hat, das mithilfe künstlicher Intelligenz bakterielle Infektionen schnell erkennen kann, sowie Khaoula Ben Ahmed, Ghofrane Ayari, Souleima Ben Temime und Sirine Ayari, die ein verbessertes Steuerungssystem für Rollstühle entwickelt haben. Die Bekanntgabe der Gewinnerinnen und Gewinner des Europäischen Erfinderpreises 2024 und des Young Inventors Prize erfolgt bei der Preisverleihung, die am 9. Juli 2024 per Livestream aus Malta übertragen wird.
Weitere Informationen über die Auswirkungen der Erfindungen und Näheres zu den Erfinderinnen und Erfindern finden Sie hier.
Pressematerial
Zugang zu Materialien für Journalisten
Pressefotos Video (MP4): Englisch Video (MP4): Ukrainisch
(für Videos im MXF-Format wenden Sie sich bitte an [email protected])
Medienkontakte Europäisches Patentamt
Luis Berenguer Giménez
Hauptdirektor Kommunikation / EPA-Sprecher
EPA-Pressestelle
[email protected]
Tel.: +49 89 2399-1833
Young Inventors Prize
Das Europäisches Patentamt rief den Young Inventors Prize 2021 ins Leben, um die nächste Generation von Erfinderinnen und Erfindern zu inspirieren. Dieser Preis richtet sich an innovative Menschen im Alter von bis zu 30 Jahren aus aller Welt, in Anerkennung von Initiativen, die mittels Technologie zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen beitragen. Dem Gewinner winkt ein Preisgeld in Höhe von 20 000 EUR. Der Zweitplatzierte erhält 10 000 EUR und der Finalist, der auf dem dritten Platz landet, bekommt 5 000 EUR. Die Finalisten und Gewinner werden von einer unabhängigen Jury aus früheren Finalistinnen und Finalisten des Europäischen Erfinderpreises und des Young Inventors Prize ausgewählt. Das EPA überreicht die Preise bei der Hybrid-Preisverleihung des Europäischen Erfinderpreises 2024 am 9. Juli. Im Gegensatz zu den traditionellen Kategorien des Europäischen Erfinderpreises müssen die Preisträger kein europäisches Patent erhalten haben. Hier erfahren Sie mehr über die Qualifikations- und Auswahlkriterien des Young Inventors Prize.
Über den Europäischen Erfinderpreis
Der Europäische Erfinderpreis ist einer der renommiertesten Innovationspreise in Europa. Mit dem 2006 vom EPA ins Leben gerufenen Preis werden Einzelpersonen und Teams ausgezeichnet, die Lösungen für einige der größten Herausforderungen unserer Zeit gefunden haben. Die Jury des Europäischen Erfinderpreises besteht aus Erfindern, die allesamt ehemalige Finalistinnen und Finalisten sind. Bei der Beurteilung der Vorschläge stützt sich die unabhängige Jury auf ihr umfangreiches Fachwissen in den Bereichen Technik, Wirtschaft und geistiges Eigentum. Im Jahr 2024 hat Wolfgang M. Heckl den Vorsitz der Jury inne. Alle Erfinder müssen für ihre Erfindung ein europäisches Patent erhalten haben. Weitere Informationen zu den verschiedenen Kategorien und Preisen, den für die Auswahl geltenden Kriterien und zur Preisverleihungszeremonie am 9. Juli 2024 in Malta, die im Livestream verfolgt werden kann.
Über das EPA
Mit 6 300 Beschäftigten ist das Europäische Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das Amt, das seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinderinnen und Erfinder hochwertigen Patentschutz in bis zu 45 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Menschen umfassen. Das EPA ist zudem weltweit führend in den Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.