Tunesisches Erfinderinnenteam belegt dritten Platz des Young Inventors Prize 2024 für eine intelligente Rollstuhlsteuerung
- Khaoula Ben Ahmed, Ghofrane Ayari, Souleima Ben Temime und Sirine Ayari sicherten sich den dritten Platz unter den drei Finalisten des im Rahmen des Europäischen Erfinderpreises 2024 vergebenen Young Inventors Prize.
- Das Europäische Patentamt (EPA) prämiert die jungen tunesischen Erfinderinnen für die Steigerung der Mobilität und der Selbstbestimmtheit von Menschen im Rollstuhl.
- Ihre bahnbrechende Rollstuhlsteuerung MOOVOBRAIN ermöglicht Menschen mit schweren Mobilitätseinschränkungen ein noch nie dagewesenes Ausmaß an Selbstständigkeit.
München, 9 Juli 2024 – Das Europäische Patentamt (EPA) hat heute im Rahmen des Europäischen Erfinderpreises 2024 das tunesische Erfinderinnenteam bestehend aus Khaoula Ben Ahmed, Ghofrane Ayari, Souleima Ben Temime und Sirine Ayari mit dem dritten Platz des Young Inventors Prize ausgezeichnet. Das Team erhielt die mit 5 000 EUR dotierte Auszeichnung für seine Pionierleistung bei der Entwicklung einer intelligenten Rollstuhlsteuerung, die Menschen mit Behinderung deutlich mobiler macht. Das Team aus Tunesien war einer von drei Finalisten: Der erste Platz mit einem Preisgeld von 20 000 EUR ging an die niederländische Wissenschaftlerin Rochelle Niemeijer, der zweite, mit 10 000 EUR dotierte Preis wurde dem ukrainischen Erfinder Valentyn Frechka verliehen.
MOOVOBRAIN, die Erfindung des Teams, ermöglicht es Menschen mit Behinderung, ihren Rollstuhl mithilfe von Gehirnsignalen oder Sprachbefehlen zu steuern, was ihre Unabhängigkeit und Mobilität enorm steigert. Damit steht diese Technologie nicht nur für einen Quantensprung im Bereich der medizinischen Hilfsgeräte, sondern unterstreicht auch den Anspruch der Erfinderinnen zur Steigerung von Inklusion und Innovation in der Medizintechnik.
"Mit der Prämierung im Rahmen des Young Inventors Prize wird für uns alle ein Traum wahr. Wir empfinden große Demut und Dankbarkeit angesichts dieser großen Ehre. Diese Anerkennung ist nicht nur ein Erfolg für unser Team, sondern auch ein Beweis für die Macht der Zusammenarbeit, der Beständigkeit und der Leidenschaft", so die Erfinderinnen. "Dieser Preis inspiriert uns dazu, immer wieder Neuland zu betreten, und mit Innovationen einen Unterschied zu machen, um das Leben von Menschen mit Behinderung in allen Teilen der Welt positiv zu verändern."
Aufwind für „junge Innovationen“
Die vom tunesischen Team entwickelte, intelligente Steuerung interpretiert die Gestik von Nutzerinnen oder Nutzern anhand von Sensoren und Software, was eine hochpräzise, intuitive Rollstuhl-Navigation ermöglicht. Dieser technologische Fortschritt verschafft vor allem Menschen eine Erleichterung, für die eine Steuerung mittels Joystick oder Tasten schwer umsetzbar oder sogar unmöglich ist. Alarmierende Statistiken der Weltgesundheitsorganisation (WHO), denen zufolge ca. 80 Millionen Menschen weltweit auf einen Rollstuhl angewiesen sind, motivieren das Team zu harter Arbeit, um diesen wachsenden Bedarf decken zu können.
Khaoula Ben Ahmed bestärkt vor allem Frauen und Mädchen in MINT-Berufen darin, technologische Fortschritte mit Leidenschaft und Durchhaltevermögen zu entwickeln: "Ihr Frauen und Mädchen da draußen, gebt niemals auf! Ihr braucht eine intrinsische Motivation, um euer Ziel verfolgen zu können, am besten, bevor ihr euch überhaupt auf den Weg macht. Es ist bei allem, was wir tun, immer gut, ein Ziel vor Augen zu haben. Wenn ihr wisst, was euch anspornt, kann euch niemand aufhalten."
Die Gewinnerinnen und Gewinner des Europäischen Erfinderpreises 2024 wurden heute bei einer Hybridveranstaltung in Malta bekannt gegeben. Die Veranstaltung können Sie online streamen.
Weitere Informationen über die Auswirkungen der Erfindungen, die dahinterstehende Technologie und Näheres zu den Erfinderinnen und Erfindern finden Sie hier.
Die nächste Ausgabe des Young Inventors Prize findet 2025 in Island statt
Beim heutigen Festakt in Malta durfte das Europäische Patentamt (EPA) auch das neue Konzept für die Preisverleihung bekannt geben, das ab 2025 zum Tragen kommen wird. Vom nächsten Jahr an soll der Preis alle zwei Jahre vergeben werden, wobei sich die nächste Ausgabe vorrangig an junge Erfinderinnen und Erfinder unter 30 richtet, deren Erfindungen eines oder mehrere Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) abdecken. Dabei soll eine unabhängige Jury früherer Finalistinnen und Finalisten die Einreichungen beurteilen und auf diese Weisen ein faires und fundiertes Auswahlverfahren ermöglichen, das den Innovationsgeist und die Errungenschaften der nächsten Generation von Erfinderinnen und Erfindern Rechenschaft würdigt. Die erste Ausgabe dieses neuen, zweijährlichen Formats soll 2025 in Island stattfinden. Nominierungen für alle Technologiebereiche werden ab heute bis Ende September entgegengenommen.
In den dazwischenliegenden Jahren ab 2026 wird das EPA zum ursprünglichen Konzept des Europäischen Erfinderpreises in den klassischen Kategorien "Industrie", "Forschung", "KMU", "Nicht-EPO-Staaten", "Lebenswerk" und "Publikumspreis" zurückkehren.
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Luis Berenguer Giménez
Hauptdirektor Kommunikation / EPA-Sprecher
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Über die Erfinderinnen
Khaoula Ben Ahmed und die weiteren Mitglieder des Teams, Ghofrane Ayari, Souleima Ben Temime und Sirine Ayari, lernten sich am Höheren Institut für Medizintechnik in Tunis kennen, wo sie die ersten Inspirationen für ihr Projekt sammelten. In dieser Zeit entwarfen sie auch die Grundzüge des MOOVOBRAIN-Systems und begannen mit seiner Entwicklung.
Der Ausbildungshintergrund der Erfinderinnen in der Medizintechnik gab ihnen die notwendigen Fähigkeiten zur Schaffung einer Schnittstelle an die Hand, die neuronale Impulse von Menschen mit eingeschränkter Bewegungsfähigkeit in umsetzbare Befehle übersetzen kann. Diese Grundlage war wesentlich für die Entwicklung einer technologisch ausgereiften und benutzerfreundlichen Rollstuhlsteuerung.
Über den Europäischen Erfinderpreis
Der Europäische Erfinderpreis ist einer der renommiertesten Innovationspreise Europas. Er wurde 2006 vom EPA ins Leben gerufen und würdigt Einzelpersonen oder Teams, die mit ihren wegweisenden Erfindungen Antworten auf einige der größten Herausforderungen unserer Zeit geben. Die Finalisten und Gewinner werden von einer unabhängigen Jury aus früheren Finalistinnen und Finalisten ausgewählt. Gemeinsam beurteilen sie, welchen Beitrag die Vorschläge hinsichtlich technischen Fortschritts, sozialer und nachhaltiger Entwicklung und wirtschaftlichem Wohlstand leisten. Alle Erfinder müssen ein europäisches Patent für ihre Erfindung erhalten haben.
Das EPA
Mit 6.300 Beschäftigten ist das Europäische Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das EPA, das seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinderinnen und Erfinder hochwertigen Patentschutz in bis zu 45 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Menschen umfassen. Das EPA ist ferner weltweit führend in den Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.