Mit seinem nachhaltigen Verfahren zur Papierherstellung sichert sich der ukrainische Wissenschaftler Valentyn Frechka den zweiten Platz beim Young Inventors Prize 2024
- Valentyn Frechka belegt bei dem im Rahmen des Europäischen Erfinderpreises 2024 vergebenen "Young Inventors Prize" Platz zwei unter den drei Finalisten.
- Das Europäische Patentamt (EPA) zeichnet den jungen ukrainischen Erfinder für das von ihm entwickelte Verfahren zur Herstellung von nachhaltigem Papier aus Herbstlaub aus.
- Frechkas Unternehmen Releaf Paper erzeugt aus 2,3 Tonnen Herbstlaub eine ganze Tonne Zellulose – für diese Menge müssten ansonsten 17 Bäume gefällt werden.
München, 9 Juli 2024 – Heute hat das Europäische Patentamt (EPA) den 23-jährigen ukrainischen Erfinder Valentyn Frechka mit dem zweiten Platz des "Young Inventors Prize" ausgezeichnet, der im Rahmen des Europäischen Erfinderpreises 2024 vergeben wird und mit einem Preisgeld von 10 000 EUR dotiert ist. Frechka hat ein Recyclingverfahren entwickelt, mit dem Laub zu nachhaltigem Papier verarbeitet werden kann. Auf diese Weise stellt er sich der weiteren Abholzung von Wäldern entgegen und zeigt einen bequemen und kosteneffizienten Weg zur Handhabung von Bioabfällen in urbanen Umgebungen auf. Der erste Platz ging an die niederländische Wissenschaftlerin Rochelle Niemeijer, die sich 20 000 EUR Preisgeld für ihr KI-gestütztes, portables Testkit zur Schnelldiagnose bakterieller Infektionen sichern konnte. Den mit 5 000 EUR Preisgeld dotierten dritten Platz belegte ein Team junger tunesischer Frauen bestehend aus Khaoula Ben Ahmed, Ghofrane Ayari, Souleima Ben Temime und Sirine Ayari für ihre innovative, intelligente Rollstuhlsteuerung.
Frechka nutzt Herbstlaub für die Papierherstellung, mit dem Ziel, Rodungen zu reduzieren: Die Inspiration für seine Erfindung fand er zum einen bei Wanderungen durch die Karpaten in seiner Kindheit und zum anderen im Chemieunterricht. Nach der russischen Invasion der Ukraine zog Frechka im Jahr 2022 nach Frankreich, wo er Expansionsmöglichkeiten für sein Unternehmen nutzte. Mittlerweile arbeitet er mit großen globalen Kunden wie L'Oréal und Chanel zusammen.
"Wir sind sehr dankbar, dass die Wissenschafts- und Technologiegemeinschaft an unsere Innovation glaubt und uns unterstützt! Veranstaltungen und Nominierungen dieser Art sind für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unglaublich wertvoll. Sie geben uns die nötige Unterstützung und Motivation, um unsere Entwicklungsarbeit fortzusetzen und bahnbrechende Projekte mit Leben zu füllen", so Frechka. "Dieser Preis ist ein enormer Energieschub für das ganze Team von Releaf Paper, um seine Ziele weiter voranzutreiben."
Jedes Jahr landen 1,4 Milliarden Bäume als Papier- und Verpackungsabfall auf der Mülldeponie, was nicht nur einen Verlust von Biodiversität zur Folge hat, sondern auch die Erderwärmung und die Luftverschmutzung verschärft. Darüber hinaus verstärkt die Abholzung von Wäldern auch die Störung des Wasserkreislaufs und steigert die Kosten des Umweltmanagements. Frechka geht es bei seiner Erfindung um die Bewältigung genau dieser Herausforderungen.
Eine innovative Technologie macht aus Herbstlaub Papier
"Releaf ist ein gutes Beispiel dafür, was möglich ist, wenn Erfahrung, Inspiration und Wissen zum richtigen Moment am richtigen Ort zusammentreffen. Als ich 16 war, hörte ich im Unterricht von Biopolymeren wie Zellulose und davon, dass Bäume gefällt werden, um diese Bestandteile zu Papier weiterzuverarbeiten. Und ich dachte mir: "Das muss doch auch anders gehen!", erinnert sich Frechka.
Im Jahr 2020 gründete Frechka sein Unternehmen Releaf Paper, das biologisch abbaubares Papier aus herabgefallenem Laub herstellt und damit den Bedarf an Rodungen reduziert. Das Unternehmen verarbeitet das Laub mithilfe fortschrittlicher Technologie und ganz ohne schädliche Chemikalien und stellt auf diese Weise Zellstoff für die Produktion von Tüten und Kartons aus gereinigten Blättern her. Für die Zukunft gibt es Pläne, auch Bioabfälle aus der Landwirtschaft, wie beispielsweise Ananasstämme, für die Produktion zu nutzen. Releaf Paper wandelt beeindruckende 2,3 Tonnen Laub in Zellulose um, wofür andernfalls 17 Bäume gefällt werden müssten, und ihre Produkte sind in nur 30 Tagen vollkommen abbaubar, was bei herkömmlichem Papier viel mehr Zeit in Anspruch nehmen würde.
Die Gewinnerinnen und Gewinner des Europäischen Erfinderpreises 2024 wurden heute bei einer Hybridveranstaltung in Malta bekannt gegeben. Die Veranstaltung können Sie online streamen.
Weitere Informationen über die Auswirkungen der Erfindungen, die dahinterstehende Technologie und Näheres zu den Erfinderinnen und Erfindern finden Sie hier.
Die nächste Ausgabe des Young Inventors Prize findet 2025 in Island statt
Beim heutigen Festakt in Malta durfte das Europäische Patentamt (EPA) auch das neue Konzept für die Preisverleihung bekannt geben, das ab 2025 zum Tragen kommen wird. Vom nächsten Jahr an soll der Preis alle zwei Jahre vergeben werden, wobei sich die nächste Ausgabe vorrangig an junge Erfinderinnen und Erfinder unter 30 richtet, deren Erfindungen eines oder mehrere Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) abdecken. Dabei soll eine unabhängige Jury früherer Finalistinnen und Finalisten die Einreichungen beurteilen und auf diese Weisen ein faires und fundiertes Auswahlverfahren ermöglichen, das den Innovationsgeist und die Errungenschaften der nächsten Generation von Erfinderinnen und Erfindern Rechenschaft würdigt. Die erste Ausgabe dieses neuen, zweijährlichen Formats soll 2025 in Island stattfinden. Nominierungen für alle Technologiebereiche werden ab heute bis Ende September entgegengenommen.
In den dazwischenliegenden Jahren ab 2026 wird das EPA zum ursprünglichen Konzept des Europäischen Erfinderpreises in den klassischen Kategorien "Industrie", "Forschung", "KMU", "Nicht-EPO-Staaten", "Lebenswerk" und "Publikumspreis" zurückkehren.
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Über den Erfinder
Valentyn Frechka wurde in einem Dorf in der Westukraine geboren und wuchs dort auf. Schon früh zeigte er eine unstillbare Neugier für die Natur und die Besonderheiten des Lebens gepaart mit dem Wunsch, sie zu schützen. Als er 12 Jahre alt war, ermutigte ihn sein Chemielehrer zu umfangreichen Experimenten und öffnete ihm damit das Tor zu Forschung und Innovation. Im Alter von 16 Jahren kam ihm beim Wandern in den Karpaten die Idee, die Abholzung zu reduzieren, indem man abgestorbene Blätter als wertvolle Ressource für die Papierproduktion nutzt. Dabei reduziert man gleichzeitig die CO2-Emissionen, die während der Verrottung entstehen. Nachdem er an der ukrainischen Wissenschaftsolympiade teilgenommen hatte, trat er der Juniorakademie der Wissenschaften der Ukraine bei und brachte seine Erfindung auf den Weg.
Nach der Invasion Russlands in der Ukraine 2022 zog Frechka nach Frankreich um und fand zusammen mit neuen Partnern eine neue Möglichkeit, die Chancen des Unternehmens zu vergrößern. Aktuell wird das Laubpapier außerhalb der Ukraine produziert. Releaf verkauft sein Produkt in Europa und weiteren Ländern. Zu seinen Kunden zählen L'Oréal, Chanel, Schneider Electric, Samsung, Weleda, Nestle, LVMH lab und Ariston.
Über den Europäischen Erfinderpreis
Der Europäische Erfinderpreis ist einer der renommiertesten Innovationspreise Europas. Er wurde 2006 vom EPA ins Leben gerufen und würdigt Einzelpersonen oder Teams, die mit ihren wegweisenden Erfindungen Antworten auf einige der größten Herausforderungen unserer Zeit geben. Die Finalisten und Gewinner werden von einer unabhängigen Jury aus früheren Finalistinnen und Finalisten ausgewählt. Gemeinsam beurteilen sie, welchen Beitrag die Vorschläge hinsichtlich technischen Fortschritts, sozialer und nachhaltiger Entwicklung und wirtschaftlichem Wohlstand leisten. Alle Erfinder müssen ein europäisches Patent für ihre Erfindung erhalten haben.
Das EPA
Mit 6.300 Beschäftigten ist das Europäische Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das EPA, das seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinderinnen und Erfinder hochwertigen Patentschutz in bis zu 45 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Menschen umfassen. Das EPA ist ferner weltweit führend in den Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.