9.2.12 Beurteilung von Merkmalen, die sich auf mathematische Algorithmen beziehen
Mit der Entscheidung T 208/84 (ABl. 1987, 14), bei der es um ein Verfahren zur digitalen Filterung eines zweidimensionalen Datenfeldes (das ein gespeichertes Bild darstellte) ging, stellte die Kammer grundlegendes klar. Sie stellte fest, dass ein grundlegender Unterschied zwischen einer mathematischen Methode und einem technischen Verfahren darin zu sehen sei, dass eine mathematische Methode oder ein mathematischer Algorithmus mit Zahlen (die etwas Beliebiges darstellen können) ausgeführt wird und zu einem in Zahlen ausgedrückten Ergebnis führt, da die mathematische Methode oder der Algorithmus nur ein abstraktes Konzept ist, das beschreibt, wie mit diesen Zahlen zu verfahren ist. Durch die Methode als solche würde kein unmittelbares technisches Ergebnis erzielt. Würde eine mathematische Methode hingegen in einem technischen Verfahren verwendet, so würde dieses Verfahren durch ein technisches Mittel auf eine physikalische Erscheinung (die ein materielles Objekt, aber auch – wie hier – ein als elektrisches Signal gespeichertes Bild sein könne) angewandt und bewirke damit bei dieser eine gewisse Veränderung. Zu den technischen Mitteln könnten auch Rechner mit geeigneter Hardware oder entsprechend programmierte Universalrechner gehören (so auch T 935/97).
In T 1286/09 wurde auch ein Verfahren zur Verbesserung der Bildklassifikation für erfinderisch befunden.
Ebenso kann ein Verfahren zum Ver-/Entschlüsseln oder Signieren elektronischer Kommunikation als technisches Verfahren angesehen werden, auch wenn es im Wesentlichen auf einer mathematischen Methode beruht (T 1326/06).
In T 1455/16 betraf die Anmeldung das Abrufen von Bildern nach vom Nutzer spezifizierten Anordnungsinformationen. Das Bilddaten-Speichermittel war so gestaltet, dass Positionsangaben zu den Bilddaten gespeichert wurden, die den Aufnahmeort des Bilds anzeigten und einen Aufnahmeort empfahlen, von dem aus ein solches Bild gemacht werden kann. Die Kammer befand, dass die Anwendung der Positionsangaben zur Lösung der technischen Aufgabe, nämlich den Nutzer zu einem bestimmten Ort zu leiten, nicht im Wortlaut der Anmeldung widergespiegelt sei. Daher konnte im vorliegenden Fall nicht behauptet werden, dass die Bereitstellung von Positionsangaben für einen Nutzer auf technischen Überlegungen basierte. Die bloße Tatsache, dass die Positionsangaben physikalische Elemente in der realen Welt betrafen, war nicht ausreichend für den Nachweis, dass die Bereitstellung der Positionsangaben einen technischen Beitrag leistete (T 154/04, ABl. 2008, 46; T 2035/11; T 670/16; anders in T 572/15).
In T 1370/18 betraf die Erfindung die Audio- und Videocodierung in einer Telekommunikationsumgebung. Die Idee der Erfindung bestand darin, mehrdimensionale Codewörter zu verwenden, um die statistischen Abhängigkeiten zwischen benachbarten Symbolen zu nutzen und die Codewortlänge an Symbolwahrscheinlichkeiten anzupassen. Die Kammer vertrat die Auffassung, dass ein Codierungs- oder Kompressionsalgorithmus zum technischen Charakter des beanspruchten Kompressionsverfahrens beiträgt, wenn er zur Verringerung der zu speichernden oder zu übertragenden Datenmenge verwendet wird.