A. Eingangs- und Formalprüfung
4. Zur Einreichung von Anmeldungen berechtigte Personen
Jede natürliche oder juristische Person und jede einer juristischen Person nach dem für sie maßgebenden Recht gleichgestellte Gesellschaft kann die Erteilung eines europäischen Patents beantragen (Art. 58 EPÜ). Die Anmeldung kann auch von gemeinsamen Anmeldern oder von mehreren Anmeldern, die verschiedene Vertragsstaaten benennen, eingereicht werden (Art. 59 EPÜ). Verschiedene Anmelder eines Patents für verschiedene Vertragsstaaten gelten im Verfahren vor dem EPA als gemeinsame Anmelder (Art. 118 EPÜ).
In Verfahren vor dem EPA gilt der Anmelder als berechtigt, das Recht auf das europäische Patent geltend zu machen (Art. 60 (3) EPÜ). Diese Annahme enthebt das EPA lediglich der Notwendigkeit, sich des Bestehens der Berechtigung zu vergewissern. Art. 61 EPÜ befasst sich mit den Rechtsbehelfen, die zur Verfügung stehen, wenn eine andere Person als der Patentanmelder in einer rechtskräftigen Entscheidung eines nationalen Gerichts als die Person angesehen wird, die Anspruch auf Erteilung eines europäischen Patents hat.
In J 1/23 erläuterte die Kammer, dass in Fällen, in denen ein nationales Gericht in einer hoheitlichen rechtskräftigen Entscheidung festgestellt hat, dass eine andere Person als der Anmelder Anspruch auf die Erteilung des europäischen Patents nach Art. 61 (1) EPÜ hat, die Frage, wie und von wem der Anspruch auf das Patent erworben wurde, durch das zuständige nationale Gericht geprüft und entschieden wird und das EPA an die Schlussfolgerung des Gerichts gebunden ist (Protokoll über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung von Entscheidungen über den Anspruch auf Erteilung eines europäischen Patents). Das EPA hatte keine Befugnis zur inhaltlichen und sachlichen Überprüfung der Entscheidung des Gerichts (G 3/92).
Die Große Beschwerdekammer gelangte in G 3/92 (ABl. 1994, 607) zu folgendem Schluss: Wenn durch rechtskräftige Entscheidung eines nationalen Gerichts der Anspruch auf Erteilung eines europäischen Patents einer anderen Person als dem Anmelder zugesprochen worden ist und diese andere Person unter Einhaltung der ausdrücklichen Erfordernisse des Art. 61 (1) EPÜ gemäß Art. 61 (1) b) EPÜ eine neue europäische Patentanmeldung für dieselbe Erfindung einreicht, ist die Zulassung dieser neuen Anmeldung nicht daran gebunden, dass zum Zeitpunkt ihrer Einreichung die ältere, widerrechtliche Anmeldung noch vor dem EPA anhängig ist.