Pioniere im Kampf gegen chronische Nierenerkrankungen: Giuseppe Remuzzi, Carlamaria Zoja und Ariela Benigni als Finalisten für Europäischen Erfinderpreis 2017 nominiert
- Italienisches Forscherteam für seine Arbeit zur Behandlung chronischer Nierenerkrankungen und Komplikationen bei Organtransplantationen nominiert
- Entwicklung von Medikamenten mit Enzym-Hemmern, um den Rückgang der Nierenfunktion zu stoppen
- Dank neuer Wirkstoffe kann Dialyse oft vermieden werden
- Komplikationen nach Nierentransplantationen können besser behandelt werden
- EPA-Präsident Battistelli: „Diese Forscher sind weltweit führend im Kampf gegen chronische Nierenerkrankungen. Ihre bahnbrechenden Einblicke in deren Ursachen geben Millionen Patienten neue Hoffnung."
München, 26. April 2017 - Weltweit leiden mehr als 200 Millionen Menschen an chronischen Nierenerkrankungen. Jahrzehntelang waren Ärzte außerstande, den Rückgang der Fähigkeit der Niere zur Blutreinigung zu stoppen. In Folge dessen waren Patienten ein Leben lang abhängig von der Dialyse. Doch die Situation hat sich seit Mitte der 1990erJahren stark verbessert: Giuseppe Remuzzi (68) und seine Forschungskolleginnen Carlamaria Zoja (61) und Ariela Benigni (61) entwickelten neue Wirkstoffe, mit denen sich verbesserte Behandlungsergebnisse bei chronischen Nierenerkrankungen (CKD) und Komplikationen nach Transplantationen erzielen lassen.
Für diese Leistung wurden Giuseppe Remuzzi, Carlamaria Zoja und Ariela Benigni als Finalisten für den Europäischen Erfinderpreis 2017 in der Kategorie „Industrie" nominiert. Die Auszeichnung wird am 15. Juni in Venedig zum zwölften Mal verliehen.
„Diese Forscher sind weltweit führend im Kampf gegen chronische Nierenerkrankungen. Ihre bahnbrechenden Einblicke in deren Ursachen geben Millionen Patienten neue Hoffnung", sagte EPA-Präsident Benoît Battistelli bei der Bekanntgabe der Finalisten für den Europäischen Erfinderpreis 2017. „Die fortlaufenden Innovationen des Forscherteams haben das Niveau der Pflege und der Behandlungsergebnisse erhöht und gezeigt, dass Dialyse keine von vornherein feststehende Lösung für Menschen mit CKD ist."
Medikamente, die neue Tricks lernen
Obwohl ein einfacher Test frühzeitige Warnung bietet - erhöhte Proteinwerte im Urin signalisieren eine verringerte Nierenfunktion - erhalten viele Patienten erst bei fortgeschrittenen Symptomen Hilfe. „Das Herz schlägt, die Lunge atmet - nur die Nieren geben keinen Laut von sich. Sehr häufig passiert es, dass Menschen mit einer Nierenerkrankung im Endstadium vorher nie etwas bemerkt haben", sagt Remuzzi. In diesem Stadium waren die Ärzte bisher machtlos gegen CKD oder Nierenentzündungen nach Organtransplantationen. Die Folge waren Organversagen oder eine lebenslange Abhängigkeit von Dialysemaschinen.
Heute ist ein Leben an der Dialyse nicht länger unvermeidbar - dank der von Remuzzi und seinen Forschungskolleginnen Carlamaria Zoja und Ariela Benigni entwickelten Medikamente. Das Team erzielte seinen Durchbruch als Remuzzi in den späten 1980er Jahren die nierenerhaltenden Eigenschaften einiger Enzym-Hemmer entdeckte. Diese wurden bis dahin gegen Bluthochdruck verwendet und waren jetzt der Schlüssel für die patentierten Medikamente, die heute weltweit als Standardbehandlung bei CKD verabreicht werden. Dies ist möglich, da die bereits bekannten Enzym-Hemmer zu einem Kreis von Medikamenten gehören, die nicht nur gegen ein einziges Leiden helfen, sondern auch bei anderen Erkrankungen Wirkung zeigen.
Gemeinsam mit seinen Kolleginnen Carlamaria Zoja und Ariela Benigni hat Remuzzi am von ihm gegründeten Mario-Negri-Institut für Pharmakologische Forschung in Bergamo spezifische Medikamente gegen CKD entwickelt, die von globalen Pharmaunternehmen lizenziert wurden. Das Institut patentiert seine Erfindungen nicht selbst, sondern erlaubt seinen Partnern die Patentierung: „Wenn wir unsere Ergebnisse selbst patentieren würden, wären wir für viele Jahre an Geheimhaltungsklauseln gebunden. Es würde lange dauern, bis unsere Forschung allen zur Verfügung steht und die Patienten davon profitieren. Aber das bedeutet nicht, dass unsere Erfindungen nicht kommerziell genutzt werden. Wir patentieren sie nicht selbst, aber wir erlauben Unternehmen, die uns in unserer Forschung unterstützen, sie im Namen ihres Unternehmens zu patentieren. Wir bleiben die Erfinder, aber die Patentierung erfolgt durch die Industrie", sagt Remuzzi.
Zwei Enzym-Hemmer - hohes Marktvolumen
Das Medikament Losartan wurde 1995 vom Pharmaunternehmen Merck in Europa und den USA auf den Markt gebracht und erzielte im Jahr 2011 einen Jahresumsatz von 1,46 Mrd. EUR. 1997 als Medikament gegen Bluthochdruck genehmigt, generierte Irbesartan 2015 einen Umsatz von 774,9 Mio. EUR für Sanofi. Globale Durchschnittswerte zeigen keinen Rückgang von chronischen Nierenerkrankungen. Der amerikanische Markt für die Behandlung von Nierenversagen betrug 36,1 Millionen EUR im Jahr 2016 und dürfte Schätzungen von BCC Insights zufolge bis 2021 auf 41,7 Milliarden EUR anwachsen.
Forschung für das Wohl der Menschen
Im Jahr 1974 erwarb der damals 25-jährige Remuzzi seinen Doktor der Medizin (M.D.) an der Universität Pavia und beschloss, sich der Forschung zu widmen. 1977 veröffentlichte er einen Beitrag über seinen neuen Ansatz in der CDK-Therapie in The Lancet. Seine Spezialisierung in Nierenheilkunde markierte den Beginn einer Karriere, die klar auf die Forschung und das Bedürfnis, Menschen zu helfen, ausgerichtet war. Er ist Mitbegründer der Initative „0by25", die sich zum Ziel gesetzt hat, bis zum Jahr 2025 Todesfälle durch akute Nierenerkrankungen vollständig zu eliminieren. Seit jeher widmet der 68-Jährige seine Arbeit vor allem seltenen Erkrankungen, die nicht im Fokus von Gesundheitsinitiativen und Pharmaunternehmen stehen. Giuseppe Remuzzi ist seit 2015 Professor für Nierenheilkunde an der Universität Mailand und leitet überdies zwei Fachabteilungen des Krankenhauses in Bergamo. Er ist als internationale Autorität in seinem Fachgebiet angesehen und als Autor von mehr als 1.300 wissenschaftlichen Publikationen der meistzitierte klinische Forscher Italiens. Seine Leistungen in den Bereichen Forschung und Medikamentenentwicklung sind vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem ISN Jean Hamburger Award (2005), dem John P. Peters Award (2007) und dem ISN AMGEN Award (2011).
Carlamaria Zoja und Ariela Benigni haben beide ihren Abschluss in Biowissenschaften an der Universität Mailand und ihre Promotion an der Universität Maastricht erworben. Nachdem sich Carlamaria Zoja dem Team von Remuzzi am Mario-Negri-Institut anschloss, stieg sie zum Leiter des Labors für Physiopathologie der experimentellen Nierenerkrankungen und der Interaktion mit anderen Organsystemen auf. Als Autorin von mehr als 170 wissenschaftlichen Publikationen ist Zoja eine der einflussreichsten weiblichen italienischen Wissenschaftler. Ariela Benigni ist Leiterin der Abteilung für Molekularmedizin des Instituts. Sie hat mehr als 270 wissenschaftliche Publikationen verfasst und Vorträge auf mehr als 140 nationalen und internationalen Konferenzen gehalten. Als Empfänger des Citta di Bergamo Merit Award hat Benigni die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Experte für fortgeschrittene Nierenerkrankungen beraten.
Weiterführendes Informationsmaterial
- Video- und Fotomaterial
- Erfahren Sie mehr über die Erfinder
- Der Blick auf die Patente: EP1019048, EP1115399, EP1799230
Heilung für seltene Krankheiten
Als Forschungskoordinator der Niederlassung des Mario-Negri-Instituts für Pharmakologische Forschung in Bergamo, ermutigt Giuseppe Remuzzi „seine" Wissenschaftler, Innovationen ohne kommerzielle Motive zu verfolgen. Im Jahr 1963 als gemeinnützige Organisation in Mailand gegründet, verfolgt das Institut die Richtlinie, nicht selbst Patente für seine Erfindungen zu beantragen, aber anderen Unternehmen die Patentierung zu erlauben. Die Wissenschaftler am Mario-Negri-Institut können frei von kommerziellen Interessen seltene Erkrankungen erforschen, die von Pharmaunternehmen häufig als „unrentabel" vernachlässigt werden. Lesen Sie mehr über europäische Forschungseinrichtungen.
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