Formbarer Multifunktionskleber haucht kaputten Alltagsgegenständen neues Leben ein: Jane ní Dhulchaointigh als Finalistin für den Europäischen Erfinderpreis 2018 nominiert
- Erster formbarer Multifunktionskleber der Welt: irische Erfinderin Jane ní Dhulchaointigh und ihr Team für Preis des Europäischen Patentamtes (EPA) nominiert
- Ihre Erfindung Sugru macht es leichter, Alltagsgegenstände zu reparieren und damit Abfall zu reduzieren
- EPA-Präsident Battistelli: „Ní Dhulchaointighs Erfindung ist der Beweis dafür, dass innovative europäische KMUs von Patenten profitieren und sich als Vordenker in der Entwicklung nachhaltiger Produkte etablieren können."
München, 24. April 2018 - Heute ist es durchaus üblich, beschädigte oder kaputte Gegenstände wegzuwerfen und sie sodann zu ersetzen. Diese Bequemlichkeit setzt die Umwelt jedoch einem enormen Stress aus. Mit dem formbaren Multifunktionskleber der irischen Erfinderin Jane ní Dhulchaointigh gibt es eine Möglichkeit, die große Menge entsorgter Alltagsgegenstände zu verringern. Ihre Erfindung, die als kleines Päckchen unter dem Namen Sugru verkauft wird, kann Menschen sogar dabei helfen, ihre Einstellung zu ändern, wenn es um den Umgang mit Gegenständen im Alltag geht: Dank des Multifunktionsklebers lassen sich Gebrauchsgegenstände in einer Form reparieren, verändern und verbessern, wie es zuvor nicht möglich war.
Für diese Erfindung wurden Jane ní Dhulchaointigh und ihr Team für den Europäischen Erfinderpreis 2018 in der Kategorie „Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU)" als Finalist nominiert. Am 7. Juni 2018 wird die Auszeichnung im Rahmen eines Festakts in Paris, Saint-Germain-en-Laye verliehen.
„Jane ní Dhulchaointighs Erfindung richtet an uns auch die Aufforderung, mehr Rücksicht auf die Umwelt zu nehmen und unsere Einstellung zu überdenken, wenn es um das Wegwerfen von kaputten und beschädigten Gegenständen geht", sagte EPA-Präsident Benoît Battistelli bei der Bekanntgabe der Finalisten des Europäischen Erfinderpreises 2018. „Sie belegt, dass innovative europäische KMUs von Patenten profitieren und sich als Vordenker in der Entwicklung nachhaltiger Produkte etablieren können."
Ein glücklicher Zufall
Ní Dhulchaointigh wuchs auf einer Farm in Kilkenny, Irland auf. Dort gab es nur wenige Möglichkeiten kaputte Gegenstände schnell zu ersetzen. Deshalb mussten diese auf einfache Weise repariert werden können. Genau daran war ní Dhulchaointigh interessiert und das bot auch Anlass für sie, nach dem Bildhauerei-Studium in Dublin 2003 einen Masterabschluss in Produktdesign am renommierten Royal College of Art in London zu absolvieren. In dieser Zeit entwickelte sie die Idee für einen formbaren Klebstoff, der es möglich machte, „alles, was ich hatte, zu reparieren, zu verbessern und neu zu entwickeln."
„Es war ein glücklicher Zufall", sagt sie über ihren Durchbruch. „Für die Idee des ‚magischen Werkstoffs‘ kamen zwei Dinge zusammen: mein Interesse für Materialien und die Leidenschaft, Gegenstände mit meinen eigenen Händen zu erschaffen. Sie stammt von dem, womit wir als Kinder spielen - jeder weiß, wie man Dinge modelliert und mit den Händen formt." So entstand die erste Version von Sugru beim Experimentieren mit diversen Materialien in der Werkstatt: die Erfinderin vermengte silikonhaltige Haushaltsdichtmittel und Sägespäne zu einer klebrigen Masse.
Die Herausforderung war, so sagt sie, etwas Amüsantes und Spielerisches mit den Eigenschaften eines Hochleistungswerkstoffes zu entwickeln, und nicht mit denen eines Spielzeugs: „Egal welche Art Klebstoff - er muss funktionieren und er muss halten."
Zusammen mit ihrem Ehemann James Carrigan und dem britischen Unternehmer Roger Ashby, der über jahrzehntelange Erfahrung bei Firmengründungen und in der Unterstützung von Start-ups an Universitäten verfügt, gründete Jane ní Dhulchaointigh ihre Firma FormFormForm. Mit der Hilfe zweier pensionierter Silikonwissenschaftler und dem Werkstoffspezialisten Tom Dowdon - inzwischen der Hauptverantwortliche für die Forschung im Unternehmen - entwickelte sie ihren „magischen Werkstoff".
Ní Dhulchaointighs Ansatz, einen formbaren, gummiartigen Klebstoff für die Do-it-Yourself-Community zu entwickeln, war für die Klebstoffindustrie vollkommen neu. Diese Originalität verlangte nach rechtlichem Schutz. Laut der Erfinderin war ein Patent „entscheidend für das gesamte Projekt", da „die meisten Klebstoffe von großen Unternehmen entwickelt werden." Deshalb war es wichtig, denselben Schutz zu erlangen, wie er in der Industrie üblich ist. Sie betont, dass das Patent „der einzige Weg" war, um „an die finanziellen Mittel zu gelangen, die für die Entwicklung der Erfindung nötig waren."
Eine stärkere Beziehung zu unseren Alltagsgegenständen
Der Verkauf von Sugru, das so formbar wie Knete ist und die Eigenschaften eines Superklebers besitzt, startete im Jahr 2009. Das war der Höhepunkt nach fast fünf Jahren Entwicklungszeit - ní Dhulchaointigh verbrachte mehr als 8.000 Stunden im Labor und verarbeitete das Feedback von 150 Nutzern. Sugru macht Spaß, ist vielseitig und einfach zu benutzen - passend für ein Produkt, welches nach dem irischen Wort für „Spielen" benannt wurde. Einmal geöffnet, bleibt das Material etwa 30 Minuten lang formbar und klebt auf den meisten Oberflächen, darunter Metall, Glas und Textilien. Danach härtet es innerhalb von 24 Stunden zu einem Gummi aus, der so stark ist, dass er ein Gewicht bis zu zwei Kilogramm tragen kann. Zugleich bleibt der Kleber flexibel und wasserfest und hält sowohl hohen als auch niedrigen Temperaturen stand. Sugru ist darüber hinaus in einer Vielzahl von Farben erhältlich.
Anders als andere Klebemittel kann Sugru auch fehlende Teile ersetzen - den abgebrochenen Henkel der Lieblingstasse beispielsweise. Sogar in nützliche Haushaltsgegenstände kann der Multifunktionskleber verwandelt werden, wie Haken für Küchenutensilien - oder dazu benutzt werden, Knöpfe und Schalter an Kameras und Handys individuell anzupassen.
Mit Hilfe einer starken Social Media Kampagne sowie einiger sehr positiver Kritiken in Medien und Blogs wurde das Produkt ein rascher Erfolg: die ersten 1.000 Exemplare waren bereits sechs Stunden nach dem Start ausverkauft.
Mittlerweile zählen weltweit etwa 2,5 Millionen Menschen zur FormFormForm-Community und teilen ihre Experimente und Erfahrungen mit dem Produkt online. In 175 Ländern haben Sugru-Nutzer mehr als 15 Millionen Gegenstände repariert oder kreativ verändert, darunter auch eine Kamera, die von Schülern ins All geschickt worden ist, und eine Fußprothese für ein Huhn.
„Ich hatte eine klare Vorstellung davon, was Sugru werden sollte", erklärt ní Dhulchaointigh. „Es war von Anfang an nicht nur als Produkt konzipiert, das vielleicht jemand kaufen würde. Ich war davon überzeugt, dass es das Potenzial hat, die Welt zu verändern. Das bedeutete sehr viel Arbeit, und was uns auch heute noch motiviert, sind die vielen Emails und Geschichten unserer Community, die uns dankt und uns zeigt, wie sehr es ihr Leben verändert hat."
Globales Potenzial
Die Strategie von FormFormForm, die Nutzer von Beginn an zu involvieren, hat nicht nur das Produkt als solches bekannt gemacht: mittels Crowdfunding sammelte das Unternehmen 2017 für Investitionen fast sechs Millionen Euro.
Als einer von nur zwei formbaren Klebstoffen auf dem Markt wird Sugru online und in mehr als 6.000 Geschäften weltweit verkauft. Unter dem Namen Formerol® wird der Klebstoff außerdem für industrielle Zwecke hergestellt.
Einer bestehenden Produktkategorie ließ sich ní Dhulchaointighs Erfindung aufgrund ihrer Besonderheit nicht zuordnen: Sugru hat eine neue Unterkategorie im globalen Markt für Klebstoffe und Dichtungsmittel geschaffen, für den ein Wachstum von 42,7 Milliarden Euro im Jahr 2016 auf 54,7 Milliarden Euro bis 2021 erwartet wird.
Unternehmen mit einer Mission
Im Ranking des „Time" Magazin der 50 besten Erfindungen des Jahres 2010 erreichte Sugru den 22. Rang, während beispielsweise das iPad Platz 34 belegte. Sugru wurde außerdem 2014 mit dem London Living Wage Company Preis ausgezeichnet, womit gewürdigt wurde, dass FormFormForm seinen Mitarbeitern Löhne zahlt, die an die Lebenshaltungskosten der Stadt angepasst sind.
Die aktive Radfahrerin und passionierte Gärtnerin nutzt Sugru auch privat, zum Beispiel für ihr Fahrrad. Sie sagt außerdem, dass es in ihrem Haus tausende Anwendungen des Produktes gibt, wie zum Beispiel Kleiderhaken, die sie so befestigt, dass ihre zwei kleinen Kinder ihre Mäntel auf der richtigen Höhe über der Heizung aufhängen können.
Die Irin und ihre Firma treten mit ihrem Produkt für mehr Nachhaltigkeit ein und sehen sich als „Unternehmen mit Auftrag" als Teil einer größeren weltweiten Bewegung, die versucht, Abfall zu reduzieren und gleichzeitig Umweltherausforderungen anzugehen, indem sie alles repariert, von der Schreibtischlampe bis zum Auto.
Medien- und Servicepaket:
Der Blick auf das Patent: EP2089465
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Die Chemie löst Umweltprobleme:
Scheinbar einfach, aber dennoch komplex: Ní Dhulchaointigh brachte ein Team von Materialexperten und Chemikern zusammen und sie verbrachte tausende Stunden im Labor, um den spezialisierten Klebstoff Sugru zu entwickeln. Das ausdrückliche Ziel der Idee war es, Abfall zu reduzieren. Sie reiht sich damit in eine starke Riege von Erfinderpreis-Finalisten und Gewinnern ein, die mit Hilfe der Chemie daran arbeiten, unsere drängendsten Umwelt- und Müll-Probleme zu lösen. Pflanzenbasierte Flaschen von Gert-Jan Gruter (2017; Finalist - KMU) vermindern den Einsatz von Petrochemikalien. Günter Hufschmid (2017; Gewinner - KMU) erfand eine spezielle Wachswatte, um damit Öl in Gewässern aufzusaugen. Ein Team von italienischen Wissenschaftlern unter der Führung von Catia Bastioli (2007; Gewinner - KMU/Forschung) entwickelte eine neue Art Biokunststoff aus Stärke, der sich schneller zersetzt.
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