Mehr Sicherheit für Smartphones durch integrierte biometrische Authentifizierung: Bo Pi und Yi He als Finalisten für den Europäischen Erfinderpreis 2021 nominiert
- Chinesisch-amerikanische Erfinder für den Preis des Europäischen Patentamts (EPA) für ihre kombinierte Hardware- und Software-basierte Fingerabdruck-Verifikationslösung nominiert
- Die Technologie integriert als weltweit erste die Fingerbiometrie mit der Herzfrequenz-Authentifizierung, um Live-Fingerabdrücke zu erkennen, und bietet eine einzigartige biometrische Sicherheit, die den unberechtigten Zugriff auf Geräte verhindert
- Ihre Lösung erhöht die Sicherheit für Verbraucher auf der ganzen Welt
München, 4. Mai 2021 - Das Europäische Patentamt (EPA) gibt die Nominierung der chinesisch-amerikanischen Erfinder Bo Pi und Yi He für den Europäischen Erfinderpreis 2021 als Finalisten in der Kategorie „Nicht-EPO-Staaten" bekannt. Sie haben den weltweit ersten Fingerabdrucksensor entwickelt, der sowohl das Muster eines Fingerabdrucks als auch die Durchblutung live überprüfen kann. Ihre Technologie schützt die Benutzer damit vor gefälschten Fingerabdruckkopien, die für den unrechtmäßigen Zugriff auf Smartphones oder andere geschützte Geräte verwendet werden können.
Der bahnbrechende Sensor von Pi und He wurde für den chinesischen Konzern Shenzhen Goodix Technology entwickelt. Die Technologie ist heute bereits als wichtige Sicherheitsfunktion in vielen Smartphone-Modellen verbaut. Weitere Anwendungen zur Verifizierung von Fingerabdrücken sind von Goodix für die kommenden Jahre geplant.
„Die Technik von Pi und He ermöglicht eine wegweisende biometrische Lösung in der Branche. Ihre Erfindung zeigt, wie Innovation helfen kann, unsere Privatsphäre und Sicherheit besser zu schützen", sagt EPA-Präsident António Campinos bei der Bekanntgabe der Finalisten des Europäischen Erfinderpreises 2021. „Für die Erfinder wurde es angesichts des Schutzes ihres geistigen Eigentums einfacher, Kooperationen einzugehen sowie Lizenzpartner zu gewinnen. So konnte ihre Technologie in verschiedenen Märkten Fuß fassen."
Die Gewinner des jährlichen Innovationspreises des EPA werden am 17. Juni 2021 ab 19 Uhr im Rahmen einer Galaveranstaltung bekannt gegeben, die in diesem Jahr als digitales Event für ein weltweites Publikum neu konzipiert wurde.
Die Fingerabdruck-Authentifizierung wird sicher
Die meisten Smartphones verfügen heute über Fingerabdruckscanner zur Identifikationsprüfung beim Entsperren eines Geräts oder der Auslösung von Zahlungen und anderen mobilen Vorgängen. Deren Einsatz ist jedoch mit Risiken verbunden: Herkömmliche Fingerabdrucksensoren sind anfällig für sogenannte Spoofing-Angriffe. Dabei werden die Sensoren durch eine 2D-Darstellung eines Fingerabdrucks oder eine 3D-Fälschung aus Substanzen wie Silikon getäuscht.
Die Lösung für dieses Problem nahm 2013 ihren Anfang, als Goodix beschloss, im Bereich der Fingerabdrucksensoren aktiv zu werden. Pi und He waren zu dieser Zeit Leiter der unternehmensinternen F&E-Abteilung für Live-Authentifizierung. Obwohl das Duo von der ersten Fingerabdruck-Scannertechnologie inspiriert war, erkannten die Wissenschaftler schnell, dass diese frühen Scanner durch Spoofing-Angriffe getäuscht werden konnten. „Das war uns nicht gut genug, und wir begannen daher, etwas Neues zu entwickeln", erinnert sich He.
Pi ist Technologe mit umfangreichen Kenntnissen in der elektrischen Sensorik, während He als ehemaliger Professor für Optoelektronik in der Faseroptik und an optischen Geräten gearbeitet hat. Auf Basis ihres gemeinsamen Fachwissens beschlossen die beiden, den Authentifizierungsprozess neu anzugehen, um das Spoofing-Risiko zu verringern. Ihnen fiel auf, dass die von Ärzten genutzte Abtastung mit Infrarotlicht mit der Zeit die Herzschläge messen kann, denn die Strahlungsenergie des Lichts wird unterschiedlich reflektiert, wenn die Blutpulse durch das Fingergewebe fließen. Sie stellten die Hypothese auf, dass dies auch genutzt werden könnte, um festzustellen, wie viel oder ob überhaupt Blut durch ein Objekt fließt, das auf einen Fingerabdrucksensor gelegt wird. Sie sahen auch, dass Blut aus den Kapillaren im Gewebe gepresst wird, wenn ein Finger gegen einen Sensor drückt. Wenn so weniger Blut durch den Finger fließt, ändert sich die Menge des reflektierten Lichts.
Diese Erkenntnis veranlasste He, ein optisches Sensormodul mit passender Software zu entwickeln, das diese Veränderung erfassen kann. Es sendet Infrarotlicht aus, wenn es ausgelöst wird. Die vom drückenden Objekt reflektierte Lichtmenge wird dann von Fotodetektoren erfasst und das Modul vergleicht diese mit Werten, die man von einem menschlichen Finger erwarten würde. Gleichzeitig aktiviert es einen herkömmlichen kapazitiven Sensor, der eine Karte der Stelle zeichnet, an der die leitenden Rillen eines Fingerabdrucks auf die leitende Platte treffen. Dieser Zwei-Faktor-Authentifizierungsprozess erwies sich als Schlüssel zur Bekämpfung von Spoofing-Angriffen. „Mit dieser Methode kombinieren wir jetzt mehrere Fingerabdruck-Sensortechnologien, um festzustellen, ob es sich um einen tatsächlichen und den richtigen Fingerabdruck handelt, sodass diese Technologie viel schwerer zu fälschen ist", sagt He.
Nach der erfolgreichen Entwicklungsphase meldeten die beiden die integrierte Sensortechnologie 2014 über Goodix zum Patent an. 2018 wurde ein europäisches Patent dafür erteilt. Nach der Markteinführung Ende 2016 gewann der von Pi und He entwickelte Sensor schnell an Bekanntheit. Heute bietet ihre Lösung Verbrauchern auf der ganzen Welt eine sicherere und bequemere Benutzererfahrung.
Patente sind die Basis für diesen Erfolg: „Der Schutz des geistigen Eigentums ist für uns besonders wichtig, weil unsere Sensoren von autorisierten Drittfirmen hergestellt werden. Deshalb müssen wir alle technischen Details mit ihnen teilen und Patente sind die einzige Möglichkeit, unsere Technologie zu schützen", betont Pi.
Schutz für den Smartphone-Markt und darüber hinaus
Die Erfindung von Pi und He wurde von Goodix kommerzialisiert. Das Unternehmen beschäftigt derzeit rund 2 200 Mitarbeiter in Europa, Asien und den USA und erzielt einen Umsatz von 820 Millionen Euro. Goodix ist vor allem für seine Smartphone-Sensoren zur Verifizierung von Fingerabdrücken bekannt, ist aber auch weltweiter Marktführer in vielen anderen Bereichen, in denen es um menschliche Schnittstellen und biometrischen Lösungen bei mobilen Geräten geht.
Die von den beiden Erfindern entwickelten Sensoren wurden 2018 in intelligente Schlösser von Yunding Network Technology, einem Anbieter für Smart-Home-Lösungen, integriert. Im selben Jahr erwarb Goodix CommSolid, ein deutsches Unternehmen für drahtlose Lösungen. Die Übernahme ist Teil der Strategie, die Goodix-Produkte auch für Logistiksysteme, Transport und industrielle Anwendungen anzubieten. 2020 kaufte Goodix zudem das deutsche Halbleiterunternehmen Dream Chip Technologies.
Pi und He arbeiten weiter als Innovatoren-Team mit Aufgabenteilung: Pi eruiert weltweit die Herausforderungen, mit denen Goodix-Kunden konfrontiert sind, während He forscht, wie man sie überwinden kann. Ihr Ziel ist unverändert: geniale, originelle Lösungen für Probleme zu finden, die sich von denen der Konkurrenz unterscheiden.
Hinweise an die Redaktionen
Informationen zu den Erfindern
Dr. Bo Pi wurde
am 16. April 1965 im chinesischen Chengdu geboren. Er absolvierte einen
Bachelor-Studiengang in Physik an der Fudan Universität in Shanghai, bevor er
in die USA zog, wo er an der Michigan State University 1992 in Physik promovierte.
Seit 2015 ist CTO/COO von Shenzhen Goodix
Technology Inc. Pi, inzwischen US-Staatsbürger, lebt in San Diego, wo eine
kleine Gruppe von Goodix-Mitarbeitern im US-Entwicklungsbüro des Unternehmens
arbeitet.
Dr. Yi He wurde am 27. April 1968 im chinesischen Chongqing geboren. Er absolvierte einen Bachelor-Studiengang in Physik an der Sichuan Normal University, bevor er 1997 an der University of Electronic Science and Technology of China in der Provinz Chengdu in Laser- und Optiktechnik promovierte. Von 1999 bis 2000 arbeitete er als Professor am Institut für Angewandte Physik der University of Electronic Science and Technology of China (UESTC), bevor er als Chief Optical Engineer für das US-Unternehmen Global Opticom, ein Hersteller faseroptischer Komponenten, tätig wurde. Nach seinem Umzug ins Silicon Valley im Jahr 2000 und seiner Tätigkeit für Global Opticom als leitender Wissenschaftler für die Entwicklung von faseroptischen und MEMS-Technologien zog er 2004 nach Boston und war dort für fast zehn Jahre VP Technologist bei Agiltron, einem führenden Hersteller von optischen Hochgeschwindigkeitsgeräten. Dann begann er sich für Mikro-Interface-Produkte zu interessieren und kam 2013 zu Goodix in San Diego.
Bo Pi und Yi He sind beide in dem europäischen Patent EP3072083 genannt, das 2018 erteilt wurde.
Über den Europäischen Erfinderpreis
Der Europäische
Erfinderpreis ist einer der
renommiertesten Innovationspreise Europas. Er wurde 2006 vom EPA ins Leben
gerufen und ehrt einzelne Erfinder und Erfinderteams, deren wegweisende
Innovationen Antworten auf einige der größten Herausforderungen unserer Zeit
geben. Die Finalisten und Gewinner werden von einer unabhängigen Jury bestehend aus internationalen Experten aus
Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Akademie und Forschung ausgewählt. Sie prüft
die Vorschläge hinsichtlich ihres Beitrags zum technischen Fortschritt, zur
gesellschaftlichen Entwicklung, zum wirtschaftlichen Wohlstand und zur Schaffung
von Arbeitsplätzen in Europa. Der Preis wird in fünf Kategorien (Industrie,
Forschung, KMU, Nicht-EPO Staaten und Lebenswerk) verliehen. Der Gewinner des Publikumspreises
wird von der Öffentlichkeit aus den 15 Finalisten über ein Online-Voting
ermittelt.
Über das EPA
Mit 6 400 Bediensteten ist das Europäische
Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das EPA, das
seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag
und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den
Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des
zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinder hochwertigen
Patentschutz in bis zu 44 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund
700 Millionen Menschen umfassen. Außerdem ist das EPA weltweit führend in den
Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.
EPA-Pressekontakt
Luis
Berenguer Giménez
Hauptdirektor Kommunikation, Sprecher
Tel.: +49 89
2399 1203