Kontaminierte Böden reinigen mit “Ökokatalysatoren”: Claude Grison gewinnt Europäischen Erfinderpreis 2022
- Europäisches Patentamt (EPA) ehrt die französische Wissenschaftlerin Claude Grison in der Kategorie "Forschung" für ihre Methode zur Gewinnung von Metallkatalysatoren aus Pflanzen, die zur Reinigung kontaminierter Böden verwendet werden
- Die "Ökokatalysatoren", die durch Grisons innovatives Verfahren gewonnen werden, bieten eine neue Rohstoffquelle für die chemische, pharmazeutische und kosmetische Produktion
- Die Erfindung könnte der chemischen Industrie dabei helfen, Umweltbelastungen zu reduzieren - ein Aspekt mit zunehmender Dringlichkeit
München, 21. Juni 2022 - Das Europäische Patentamt hat heute der französischen Wissenschaftlerin Claude Grison den Europäischen Erfinderpreis 2022 in der Kategorie "Forschung" verliehen. Die Universitätsprofessorin und Forschungsdirektorin am französischen Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS) hat eine Methode entwickelt, um Metallelemente aus verschmutzten Böden mit Hilfe von Pflanzen zu extrahieren und diese Elemente dann als "Ökokatalysatoren" zur Herstellung neuer Moleküle zu verwenden.
Die Methode von Grison trägt zur Dekontaminierung von Böden bei und bietet eine neue Quelle für Katalysatoren, die zur Herstellung von biologisch abbaubaren Kunststoffen verwendet werden können. Doch auch bei Antimitotika (für die Krebsbehandlung), verkappter DNA und RNA, Kosmetika und wichtigen Zwischenprodukten für die Feinchemie können die Ökokatalysatoren angewendet werden.
„Mit unserem Preis werden Erfinder ausgezeichnet, die komplett neu denken. Durch die Verknüpfung von Botanik und Chemie hat Claude Grison einen außergewöhnlichen Weg gefunden, zwei Probleme gleichzeitig zu lösen. Zum einen könnte ihre Lösung der chemischen Industrie helfen, ihre Umweltbelastungen zu verringern. Zum anderen hat sie eine neue und von unterschiedlichen Industriebranchen hoch geschätzte Rohstoffquelle erschlossen", sagt EPA-Präsident António Campinos.
Grison wurde bei der Verleihung des Europäischen Erfinderpreises 2022 geehrt, einer hybriden Veranstaltung, die von einem weltweiten Publikum online verfolgt wurde. Der Preis ist einer der renommiertesten Innovationspreise Europas und wird jährlich an herausragende Erfinder aus Europa und darüber hinaus verliehen, die einen außergewöhnlichen Beitrag zur Gesellschaft, zum technischen Fortschritt und zum Wirtschaftswachstum geleistet haben.
Von Botanik bis hin zu Chemie
Am Anfang von Grisons Erfindung stand die Frage eines ihrer Studenten, ob metallanreichernde Pflanzen zur Sanierung alter Bergbaustandorte verwendet werden könnten. Sie erkannte, dass sie, sollte es ihr gelingen das in den Pflanzen enthaltene Metall zu ernten, eine neue Quelle für Materialien wie Zink und Nickel gefunden hätte. Diese können darüber hinaus zur Herstellung von Katalysatoren für die chemische Industrie verwendet werden. Nur wenige in der wissenschaftlichen Gemeinschaft glaubten an diese Möglichkeit, doch Grison ließ sich nicht beirren.
Im Jahr 2011 meldete sie ein europäisches Patent für ihre Methode zur Extraktion von Metallen zur Herstellung von Katalysatoren an, was ihr die Vermarktung ihrer Arbeit ermöglichte. Grison und ihr Team nutzen nun diese "Ökokatalysatoren" zur Herstellung neuartiger Moleküle für die Chemie-, Pharma- und Kosmetikindustrie. Bislang hat das Team 5000 solcher Biomoleküle synthetisiert, die es nun zu vermarkten beginnt, ebenso wie ein Mückenschutzmittel mit Inhaltsstoffen, die durch Ökokatalyse hergestellt wurden.
Obwohl Forscherin, sagt Grison, spornen sie die potentiellen Auswirkungen ihrer Arbeit an: „Ich möchte nicht nur eine Forscherin sein, sondern eine Bürgerforscherin. Ich möchte, dass meine Forschung nützlich ist und sie sich auf die Gesellschaft überträgt, damit sie am Ende, wenn vielleicht auch nur im Kleinen, zur Lösung eines großen Problems beiträgt."
Hinweis für die Redaktion
Informationen zur Erfinderin
Claude Grison promovierte 1987 in Molekularchemie an der Universität Lothringen in Frankreich. Von 1994 bis 2003 war sie Professorin für Chemie an der Universität Nancy und von 2008 bis 2013 in derselben Position an der Universität Montpellier, bevor sie 2016 ihre derzeitige Stelle am CNRS, ebenfalls in Montpellier, antrat. In ihrer akademischen Laufbahn hat sie 211 wissenschaftliche Arbeiten, darunter 25 Buchkapitel, veröffentlicht und 26 Doktoranden betreut. Grison wurde mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit der Innovationsmedaille der „Montpellier Excellence University" 2020 und dem Preis der Suez-Stiftung für das Programm „Agir pour la Ressource en eau" (2018). 2015 wurde sie mit der französischen Ehrenlegion (Klasse Chevalier) ausgezeichnet und 2021 zum Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften gewählt. Außerdem ist sie Mitglied der französischen Nationalen Akademie für Pharmazie.
Claude Grison wird als Erfinderin für das europäische Patent EP2504096B1 genannt (erteilt 2019), das gemeinsam vom CNRS und der Universität Montpellier gehalten wird.
Über den Europäischen Erfinderpreis
Der Europäische Erfinderpreis ist einer der renommiertesten Innovationspreise in Europa. Er wurde 2006 vom EPA ins Leben gerufen und ehrt Einzelpersonen und Teams, die Lösungen für einige der größten Herausforderungen unserer Zeit gefunden haben. Die Finalisten und Gewinner werden von einer unabhängigen Jury ausgewählt, die sich aus früheren Finalisten des Preises zusammensetzt. Gemeinsam prüfen sie die Vorschläge hinsichtlich ihres Beitrags zum technischen Fortschritt, zur sozialen und nachhaltigen Entwicklung und zum wirtschaftlichen Wohlstand. Das EPA verleiht den Preis in fünf Kategorien (Industrie, Forschung, KMU, Nicht-EPO-Staaten und Lebenswerk). Der Gewinner des Publikumspreises wird von der Öffentlichkeit aus den 13 Finalisten über ein Online-Voting auf der Webseite es EPA ermittelt.
In diesem Jahr wird das EPA zum ersten Mal auch den Young Inventors prize vergeben. Der neue Preis für junge Menschen unter 30 ist mit einer Geldprämie für die drei Finalisten dotiert, um sie weiter zu ermutigen, kreative Lösungen für drängende Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung zu finden.
Über das EPA
Mit 6 400 Mitarbeitern ist das Europäische Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das EPA, das seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinder hochwertigen Patentschutz in bis zu 44 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Menschen umfassen. Außerdem ist das EPA weltweit führend in den Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.
Pressekontakte Europäisches Patentamt
Luis Berenguer Giménez
Hauptdirektor Kommunikation, Sprecher
Pressestelle des
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