4.5.4 Zulassung neuer Anträge
Im Ex-parte-Verfahren T 1790/17 erläuterte die Kammer, dass sie, auch wenn ihr Ermessen nach Art. 13 (2) VOBK eingeschränkt war, dennoch bei der Ausübung ihres Ermessens alle relevanten Umstände berücksichtigen und gegeneinander abwägen musste. Diese Umstände umfassten die Entwicklung des Falls sowie den Zweck der mündlichen Verhandlung. Nach Ansicht der Kammer bestand der Zweck der mündlichen Verhandlung für den Beschwerdeführer darin, seinen Fall besser zu erläutern, und für die Kammer, Punkte zu verstehen und zu klären, die vielleicht bis dahin nicht hinreichend klar waren. Die Kammer betonte, dass dies in Ex-parte-Fällen besonders relevant sei. Wenn solche Erörterungen nicht Änderungen zum Ergebnis haben könnten, wären mündliche Verhandlungen zwecklos. Nach Auffassung der Kammer wurde der neue Hilfsantrag als direkte Antwort auf den dem Austausch von Argumenten in der mündlichen Verhandlung eingereicht und ging auf die Einwände und Bedenken der Kammer ein. Darüber hinaus machte der Antrag die Gründe hinfällig, auf die sich die angefochtene Entscheidung stützte. Deshalb wurde er im Verfahren zugelassen.
In T 3258/19 hingegen gelangte die Kammer hinsichtlich der mündlichen Verhandlung zu der Auffassung, dass sich der Anspruch auf rechtliches Gehör darauf beschränkt, einem Beschwerdeführer in einem Ex-parte-Verfahren Gelegenheit zu geben, zu bereits im zugehörigen Verfahren schriftlich vorgetragenen Anträgen mündlich Argumente vorzubringen. Hat eine Kammer darüber hinaus basierend auf den schriftlichen Eingaben eine vorläufige Einschätzung abgegeben, so dient die mündliche Verhandlung dem betreffenden Beteiligten hauptsächlich zur Erklärung, weshalb diese Einschätzung unter Berücksichtigung des bereits eingereichten Vorbringens und der Beweismittel nicht zutreffend war (Verweis auf T 1213/19 date: 2022-09-23).
Siehe auch den Fall T 1870/15, zusammengefasst in Kapitel V.A.4.5.4 g) (iii), in dem ein Antrag nicht zugelassen wurde, der in Reaktion auf eine reine Erläuterung während der mündlichen Verhandlung der in der vorläufigen Einschätzung enthaltenen Beurteilung eingereicht worden war.
Zum Zweck mündlicher Verhandlungen siehe auch Kapitel III.C.2.