5.3. Anwendbarkeit von Regel 137 (5) EPÜ
In T 442/95 legten die Beschwerdeführer neue Ansprüche vor, die sich auf Gegenstände stützten, die nicht in den eingereichten Ansprüchen enthalten waren. Sie brachten vor, dass die Beschreibung des neu beanspruchten Gegenstandes in der Beschreibung enthalten sei. Nach Auffassung der Kammer ist der nun beanspruchte Gegenstand nicht recherchiert worden und war mit den ursprünglich beanspruchten und recherchierten Gruppen von Erfindungen nicht durch eine einzige allgemeine erfinderische Idee verbunden. In diesem Stadium brauchte nicht untersucht zu werden, ob die Anmeldung in der eingereichten Fassung einen solchen Anspruch stützt, da der Anspruch nach R. 86 (4) EPÜ 1973 nicht zulässig war. Die Beschwerdeführer konnten den Gegenstand eines solchen Anspruchs nur in Form einer Teilanmeldung weiterverfolgen.
In T 353/03 hatte die Prüfungsabteilung in ihrer Zurückweisungsentscheidung festgestellt, dass das neue Merkmal in Anspruch 1 nicht recherchiert worden sei und die Anmeldung deshalb gemäß Art. 97 (1) EPÜ 1973 i. V. m. R. 86 (4) EPÜ 1973 zurückgewiesen werde. Nach Auffassung der Kammer hat die Prüfungsabteilung in ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt, dass in R. 86 (4) EPÜ 1973 eine weitere Bedingung für die Zurückweisung von geänderten Ansprüchen genannt ist, nämlich dass die nicht recherchierten Gegenstände mit der ursprünglich beanspruchten Erfindung nicht durch eine einzige allgemeine erfinderische Idee verbunden sind (mangelnde Einheitlichkeit). In der angefochtenen Entscheidung wurde nicht erörtert, warum der Gegenstand des neuen Anspruchs 1 und der ursprüngliche Anspruch 1 nicht einheitlich waren. Die Kammer kam zu dem Schluss, dass die angefochtene Entscheidung nicht im Sinne der R. 68 (2) EPÜ 1973 begründet war.
In T 333/10 stellte die Kammer fest, dass der Gegenstand des geänderten Anspruchs 1 nicht als recherchiert angesehen werden konnte und dass er mit keiner der ursprünglich beanspruchten Erfindungen durch eine einzige allgemeine erfinderische Idee verbunden war. Der Beschwerdeführer berief sich auf T 2334/11 und machte geltend, dass in einem Fall wie dem vorliegenden keine nachträgliche Beurteilung der Einheitlichkeit vorgenommen werden dürfe; vielmehr müsse allgemein geprüft werden, ob das aus der Beschreibung aufgenommene Merkmal mit der ursprünglich beanspruchten Erfindung durch eine einzige allgemeine erfinderische Idee verbunden sei, die in den Ansprüchen und der Beschreibung in der ursprünglich eingereichten Fassung im Vordergrund stehe. Die Kammer wies darauf hin, dass die Recherchenabteilung die Ansprüche in der ursprünglich eingereichten Fassung für uneinheitlich befunden hatte. Die Kammer stellte außerdem fest, dass einige Merkmale aus der Merkmals-kombination, die der Recherche zugrunde gelegen hatte, durch Merkmale ersetzt werden sollten, die nicht als entsprechende besondere technische Merkmale im Sinne der R. 44 (1) EPÜ anzusehen waren und bei denen nicht davon ausgegangen werden konnte, dass sie lediglich eine der recherchierten Erfindungen einschränkten. T 2334/11 hingegen betraf einen Fall, in dem hinzugefügte Merkmale den Umfang des recherchierten Gegen-stands einschränkten. Auf diesen Unterschied war T 2334/11 ebenfalls eingegangen, in der es im Wesentlichen heißt, dass die Rechtsprechung zu R. 137 (5) EPÜ zwischen Fällen unterscheidet, in denen der beanspruchte Gegenstand erheblich geändert worden ist, insbesondere durch Ersetzung oder Weglassen eines Merkmals in einem Anspruch, und die Anlass zu einem Einwand nach R. 137 (5) EPÜ geben können, und Fällen, die lediglich die Einschränkung bzw. Konkretisierung eines Anspruchs durch Aufnahme eines in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung offenbarten Merkmals betreffen und die gewöhnlich nicht zu mangelnder Einheitlichkeit im Sinne der R. 137 (5) EPÜ gegenüber der ursprünglich beanspruchten Erfindung führen. Im vorliegenden Fall sah die Kammer keine Einschränkung oder Konkretisierung irgendeiner der vier ursprünglich recherchierten Erfindungen, die der Beschwerdeführer hätte weiterverfolgen können. Die Kammer stellte fest, dass T 2334/11 nicht dahin gehend verstanden werden kann, dass die Änderung eines unabhängigen Anspruchs durch Aufnahme eines Merkmals aus der Beschreibung nach R. 137 (4) EPÜ generell zulässig ist, wenn der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs recherchiert worden ist und es ihm gegenüber einem Dokument des Stands der Technik an Neuheit mangelt. Vielmehr unterstreicht die Kammer in T 2334/11, dass – in derartigen Fällen – immer zu prüfen ist, ob das hinzugefügte Merkmal mit der allgemeinen erfinderischen Idee, wie sie aus den Ansprüchen und der Beschreibung in der ursprünglich eingereichten Fassung hervorgeht, zusammenhängt. Der geänderte Anspruchssatz war nicht gewährbar.